Freie Fahrt für die Polizei

Prozess nach der Nato-Sicherheitskonferenz

Benni K. wurde im vorigen Jahr bei den Protesten gegen die Nato-Sicherheitskonferenz am Freitagabend festgenommen und inhaftiert. Die Ingewahrsamnahme rechtfertigte die Polizei damit, dass K. sich zum Zeitpunkt der Festnahme in einer Gruppe von DemonstrantInnen befunden habe, die an einer Aktion im Feinkost Käfer beteiligt waren. Vom Münchener Amtsgericht wurde die Gewahrsamnahme damals nicht nur bestätigt, sondern auf Samstagnacht ausgedehnt. K. klagte. Der Prozess am Landgericht München endete vergangene Woche mit einem Teilerfolg für den Kläger. Mit K.’s Anwalt Jochen Ringler sprach Sandra Pauli

Warum halten Sie es für unrechtmäßig, dass Ihr Mandant in Gewahrsam genommen wurde?

Für die Rechtmäßigkeit dieser Ingewahrsamnahme hätte es der Feststellung bedurft, an welchen Aktionen mein Mandant sich tatsächlich beteiligt hat. Die Polizei war aber nicht dazu in der Lage, entsprechende Nachweise zu bringen. Die heutige Beweisaufnahme hat gezeigt, dass ausreichend Zeit gewesen wäre, um festzustellen, ob K. bei der Aktion im Feinkost Käfer beteiligt war.

Das Gericht hat geurteilt, dass die Ingewahrsamnahme durch die Polizei gerechtfertigt war. Nur die Verlängerung der Haft seitens des Münchener Amtsgerichts erklärte es für rechtswidrig.

Das Amtsgericht war der Meinung, dass es aufgrund »einschlägiger Bekanntheit« des Klägers gerechtfertigt war, ihn noch länger in Haft zu behalten. Er sei bereits öfters in Erscheinung getreten. Damit begründete es die Fortsetzung der Haft. Diese Begründung hat das Landgericht in der heutigen Entscheidung aufgehoben und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht ausreichend war.

Denken Sie, dass dieses Urteil nun einen Präzedenzfall geschaffen hat, der bewirkt, dass das Amtsgericht von nun an weniger vorschnell freiheitsentziehende Maßnahmen anordnen wird?

Das bedauerliche an der heutigen Entscheidung ist, dass die Polizei indirekt einen Freifahrschein bekommen hat, Gruppen von Personen in Gewahrsam zu nehmen, ohne festzustellen, ob die Einzelnen überhaupt an Aktionen beteiligt waren. Soweit das Gericht die Entscheidung des Amtsgerichts kassiert hat, ist nicht zu erwarten, dass das Auswirkungen auf weitere Entscheidungen haben wird.