Raus aus Afrika

Die französische Linke diskutiert das Eingreifen der französischen Armee in der Côte d’Ivoire. von berhard schmid

Das Verhältnis zwischen Frankreichs Präsident Jacques Chirac und dem ivoirischen Staatschef Laurent Gbabgo war in den vergangenen Tagen erneut angespannt. Chirac sprach am vorletzten Sonntag in Marseille öffentlich von einem »zweifelhaften, faschistoiden Regime« in Côte d’Ivoire. Es komme nicht in Frage, die französische Armee aus dem Land zurückzuziehen. Dagegen beschuldigte Gbagbo die französische Armee in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung La Repubblica, »in die Menge geschossen« und über 60 Ivoirer getötet zu haben. Er selbst, so Gbagbo, werde von den Franzosen »zu einem Märtyrer gemacht«. Zugleich ernannte er Oberst Philippe Mangou, der die Offensive gegen die Rebellen im Norden – bei der auch neun französische Soldaten getötet wurden (Jungle World 48/04) – zu Anfang des Monats geleitet hatte, zum neuen Armeechef.

Aber wie reagieren die französische Linke und die Parlamentsopposition darauf, dass die Armee in den Bürgerkrieg eingegriffen hat? Die französische Sozialdemokratie, deren Mitglied der Historiker Gbagbo früher war, hat das ivoirische Regime in der jüngsten Krise fallen lassen. So gut wie alle Spitzenpolitiker der Partei unterstützen das Vorgehen der Armee unter dem Oberbefehl Chiracs und suchen in dieser Frage den nationalen Schulterschluss. Der französische Präsident habe »nur seine Pflicht erfüllt«, befand Jean-Marc Ayrault, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten in der Nationalversammlung.

Die Parteikommunisten zeigen sich etwas kritischer. In einem Kommentar der Tageszeitung L’Humanité wird der französische Neokolonialismus in Afrika als einer der Gründe genannt, warum Frankreich sich nicht zum glaubwürdigen Vermittler aufschwingen und Frieden zwischen den Konfliktparteien stiften könne. Allerdings wird nicht der Rückzug der französischen Armee aus Côte d’Ivoire gefordet, sondern es heißt, Paris dürfe nicht allein die ivoirische Krise zu meistern suchen, sondern müsse mit den UN zusammenarbeiten.

Auf der radikalen Linken stellt die traditionalistisch-proletarische Partei Lutte ouvrière (»Arbeiterkampf«) auf eher klassische Weise die Forderung: »Französischer Imperialismus raus aus Afrika!« Die französische Militärpräsenz habe »nie etwas anderes zum Ziel gehabt, als die Interessen der großen Industrie- und Finanzkonzerne Frankreichs zu verteidigen«. Deswegen sei es auch nicht verwunderlich, dass sie Abwehrreaktionen provoziere, die allerdings von der Regierung Gbagbo – die jedoch von Frankreich unterstützt werde – instrumentalisiert würden.

Die undogmatisch-trotzkistische Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) erinnert in ihrer Erklärung zunächst daran: »Frankreich bleibt eine neokoloniale Macht«, und verurteilt die französische militärische und ökonomische Rolle in Côte d’Ivoire. Gleichzeitig warnt die LCR aber auch vor den gefährlichen Folgen der dortigen Ethnisierungspolitik und verurteilt explizit das rassistische Konzept der Ivoirité. Sie fordert eine »ivoirische politische Lösung«, die nicht von der Großmacht Frankreich aufgezwungen werden könne, die aber voraussetze, »dass alle Ivoiriens unabhängig von ihrer Religion, Ethnie oder Herkunft das gleiche Wahlrecht« hätten. Für den Fall des geforderten Rückzugs Frankreichs und einer Beendigung der französischen Intervention, so heißt es, könnten eventuell »andere Nationen der Afrikanischen Union« mit Puffertruppen in Côte d’Ivoire präsent sein, um die Konfliktparteien auseinander zu halten. Über diese müsse zudem ein Waffenembargo verhängt werden. Das wurde am Mittwoch vom UN-Sicherheitsrat beschlossen.