Deutsches Haus

Mindestens zwei Insassen des Abschiebegefängnisses im Berliner Stadtteil Köpenick haben in jüngster Zeit Suizidversuche unternommen. Vermutlich aus Angst vor der Abschiebung verletzte sich am 5. Januar ein 45jähriger Häftling ungeklärter Staatsangehörigkeit mit einer Rasierklinge an beiden Unterarmen. Mitgefangene fanden den Mann in den frühen Morgenstunden. Seine Schnittverletzungen wurden im Krankenhaus behandelt. Anschließend wurde er in das Abschiebegefängnis zurückgebracht. Eine Woche zuvor hatte ein 22jähriger Mann aus Lettland versucht, sich mit einem Bettlaken zu erhängen. Er wurde in die Psychiatrie eingewiesen. Bislang unbekannte Täter verübten am frühen Morgen des 3. Januar einen Brandanschlag auf ein von einer türkischen Familie bewohntes Haus in Neresheim (Baden-Württemberg). Sie warfen drei Molotow-Cocktails gegen das Gebäude, von denen einer eine Fensterscheibe durchschlug und ein Zimmer in Brand setzte, in dem ein vierjähriges Kind schlief. Ein Hausbewohner konnte das Feuer löschen und das Kind retten. Alle sieben Familienmitglieder blieben unverletzt. Die Polizei schließt einen »fremdenfeindlichen Hintergrund« der Tat nicht aus. Am Abend des 27. Dezember entdeckte ein Hausmeister auf dem Hinweisschild für das ehemalige jüdische Waisenhaus in Berlin-Pankow den Schriftzug »Fünfjähriger Hass«. Das denkmalgeschützte Gebäude beherbergt heute unter anderem eine Begegnungsstätte für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion. Mehrere deutsche Jugendliche schlugen am 25. Dezember in Templin (Brandenburg) einen Vietnamesen krankenhausreif. Der 39jährige Mann war den Jugendlichen, die zunächst ausländerfeindliche Parolen grölten, auf dem Heimweg von einer Gaststätte begegnet. Sie rissen ihn zu Boden und traten auf ihn ein. Er erlitt einen Rippenbruch sowie Hautabschürfungen und musste im Krankenhaus behandelt werden. Seinem Begleiter, einem 43jährigen Deutschen, schlugen die Täter mehrfach ins Gesicht; er kam mit Schürfwunden davon. Die Polizei ermittelte inzwischen fünf mutmaßliche Täter. Es handelt sich um 18- bis 22jährige aus Templin, die zum Teil bereits strafrechtlich verfolgt wurden. Die Gesamtzahl der in Berlin registrierten rassistischen oder antisemitischen Straftaten ist nahezu unverändert hoch. Bis Oktober des Jahres 2004 zählte die Innenbehörde 698 Fälle. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 727. Innensenator Ehrhart Körting sprach von einem nur »partiellen Rückgang«. Die meisten Delikte wurden in den Bezirken Pankow (104), Mitte (98) und Lichtenberg (94) verübt. Einen sprunghaften Anstieg verzeichnete die Behörde bei den antisemitischen Straftaten. 130 Fälle wurden bis Oktober registriert, bereits weit mehr als im gesamten Jahr 2003 (96). Darunter seien nach Angaben Körtings besonders viele »anonyme Schmähschriften an jüdische Einrichtungen«. Die Zahlen gehen auf eine Kleine Anfrage der PDS-Abgeordneten Giyasettin Sayan zurück.

gs