Schwer vermittelbar

Kampagne Agenturschluss von tom binger

Die Idee war bestechend: »Am ersten Werktag des neuen Jahres werden wir den Start von Hartz IV stoppen.«Mit Besetzungen, Blockaden und Versammlungen in den Ämtern wollte die Initiative Agenturschluss die Erwerbslosenbürokratie empfindlich stören. In ganz Deutschland sollten am 3. Januar die Arbeitsagenturen entweder ganz geschlossen oder zumindest so beeinträchtigt werden, dass ein regulärer Betrieb unmöglich geworden wäre. Es galt die verlockenden Möglichkeiten des sozialen Ungehorsams praktisch zu demonstrieren. Gemessen an diesem hoch gesteckten Ziel, fiel das Ergebnis recht bescheiden aus.

Zwar ist es ohne große finanzielle Mittel gelungen, an über 80 Orten unter dem Motto »Agenturschluss« zu protestieren. Doch nur in einigen großen Städten fanden sich mehr als 100 Aktivisten zusammen. Die Kampagne ist im wesentlichen auf bestimmte, an sozialen Kämpfen interessierte radikale Linke beschränkt geblieben. Die erhoffte spontane Solidarisierung der Erwerbslosen blieb fast vollständig aus. Trotz wohlwollender Kommentare wagten es nur wenige, sich aktiv zu beteiligen. Selbst die jüngsten Pannen bei der Auszahlung des Arbeitslosengeldes II sorgten nicht für eine massenhafte Empörung.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi distanzierte sich nachdrücklich von den Protesten und untersagte in einem internen Schreiben den eigenen Funktionären sogar eine Teilnahme. Auch Organisationen wie die PDS und Attac, die sich nicht distanzierten, taten so gut wie nichts zur Unterstützung der Proteste. Die geplante Lahmlegung der Agenturen scheiterte deshalb meist schon an der geringen Zahl der Teilnehmer.

Lediglich in einigen größeren Städten gelang es den Demonstranten, in die Agenturen einzudringen und dort für Unruhe zu sorgen; in Berlin ging die Polizei rabiat gegen sie vor. Doch insgesamt verlief der Agenturschluss recht unspektakulär. Anscheinend ist hierzulande selbst die Fantasie der Betroffenen überfordert von der Vorstellung, ein bereits verabschiedetes Gesetz durch massenhafte Verweigerung noch verhindern zu können.