Nachrichten

Hitparade für Arsch und Elche

Handyklingeltöne. Seit längerem fragt man sich, wer eigentlich all die schrecklichen Handyklingeltöne kauft, die in Fernsehen und Presse wie Sauerbier angeboten werden. Gibt es wirklich Leute, die sich freiwillig das Gegröhle eines Alkoholikers – euphemistisch als »der singende Elch« angepriesen – aufs Handy laden? Und dafür sogar noch was bezahlen? Und wer lässt sich bitteschön in aller Öffentlichkeit von »Call on me« samt Wackelarsch auf dem Display an sein Telefon locken, ohne vor Scham in den Erdboden zu versinken? Lautet die Antwort etwa: Jungs, sehr dumme Jungs?

Wie auch immer. Irgendjemand wird den Ramsch wohl in der Vergangenheit gekauft haben, und zwar in so rauen Mengen – nämlich für insgesamt 183 Millionen Euro –, dass sich nun die Handyklingeltöne-Industrie dazu ermuntert fühlt, eine eigene Hitparade für die Melodien einzurichten.

Ab April wird es in Deutschland die erste Hitparade für die verschiedenen Klingelton-Formate – monophon, polyphon und true tones, also echte Musikaufnahmen – geben. Später soll es dann zwei Listen geben, eine für die echten Musik-Klingeltöne und eine für die nachgespielten Stücke. Organisiert werden die Top 20 vom internationalen Interessenverband Mobile Entertainment Forum (MEF), der bereits die Briten mit einer einschlägigen Hitparade beglückt hat. Veröffentlicht werden soll die Hitparade, die keiner braucht, in dem Fachmagazin Musikwoche. (her)

Der Retter deutschen Humors

Ephraim Kishon. Seine Bücher haben einen Stammplatz in den Regalen vieler Deutscher, er selbst hatte einen festen Sitzplatz in der deutschen Talkshow. Nun ist der Bestseller-Autor Ephraim Kishon im Alter von 80 Jahren gestorben. Ariel Sharon erklärte ihn postum zu einem »Giganten unserer Generation«, Paul Spiegel würdigte ihn als »Repräsentanten jüdischen Humors«, und Kulturstaatsministerin Christina Weiss erklärte ihn zum »Entwicklungshelfer«. Kishon habe nämlich vielen Deutschen geholfen, »ihre antisemitischen Verblendungen zu überwinden«, und hat außerdem so witzige Bücher geschrieben, dass die Deutschen durch ihn gelernt hätten, »wieder gemeinsam mit den Juden zu lachen«.

Der Mann, der den weltberühmten deutschen Humor zu retten half, wurde 1924 in Budapest unter dem bürgerlichen Namen Ferenc Hofmann geboren und entging nur knapp der Vernichtungsmaschinerie des Nationalsozialismus. 1949 bestieg der Überlebende Ferenc Hofmann ein Flüchtlingsschiff nach Haifa und ging als Ephraim Kishon von Bord. In Israel lernte er Hebräisch und schrieb fortan mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden, in Hebräisch. In Deutschland schaffte er mit »Drehn Sie sich um, Frau Lot!« 1962 den Durchbruch. Der Autor erklärte sich seine Popularität in Deutschland mit der Qualität seiner Satire. Aber er sagte auch: »Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen.« (her)

Ab ins Bett!

Schlafforschung. Till Roenneberg ist Zeit-Biologe und hat eine Professur an der TU München. Er forscht über unsere innere Uhr und wie und ob sie mit der äußeren Uhr harmoniert. Mit »äußerer Uhr« meint er den Wecker. Der Professor plädiert für eine Gesellschaft, in der den inneren Uhren mehr Beachtung geschenkt wird, und fordert zum Beispiel, dass der Schulunterricht zeitlich nach hinten verlegt wird. Sehr löblich also. Jetzt gibt’s wieder Neuigkeiten aus dem Schlaflabor von Roenneberg. Und zwar geht es um die Frage, wann ein Mensch erwachsen ist. Der Zeit-Biologe meint: Erwachsen ist, wer freiwillig früh zu Bett geht. Frauen werden demnach mit 19,5 Jahren müde, Männer sind im Alter von 20,9 Jahren bettschwer. Und vorbei ist es mit der Jugend. (her)

Inquisition revisited

Polen. Die polnische Pressefreiheit hat Grenzen, zumindest wenn es um die angebliche Würde des inoffiziellen religiösen Staatsoberhaupts Karol Wojtyla geht, besser bekannt unter dem Künstlernamen Papst Johannes Paul II. Ein Gericht in Warschau befand den Herausgeber der satirischen Wochenzeitschrift Nie, Jerzy Urban, für schuldig, in einem Beitrag das Oberhaupt der katholischen Kirche mit Bemerkungen über sein Alter und seinen Gesundheitszustand beleidigt zu haben, und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 20 000 Zloty (rund 5 000 Euro).

In seinem Urteil berief sich das Gericht auf ein umstrittenes Gesetz, das die Verleumdung ausländischer Staatsoberhäupter und somit auch des Vatikan-Oligarchen untersagt. Trotz geringer Erfolgsaussichten will Urban in Berufung gehen. Nach seinen Gründen für die Veröffentlichung des Artikels kurz vor dem Papstbesuch 2002 gefragt, erklärte er: »Es ging mir darum, der katholischen Kirche in Polen nicht zu erlauben, frei von Kritik zu sein.« (ms)