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Die Telekom will ihre ausgelagerte Auskunft wieder selbst betreiben. Den Angestellten des Callcenters MCS in Berlin-Spandau wurde überraschend gekündigt. von martin kröger

Damit hatte niemand gerechnet.« Christiane Lieberam, Callcenter-Agentin bei Multicom Services (MCS) in Berlin-Spandau, kann es noch nicht richtig begreifen. Alle MitarbeiterInnen des Unternehmens sollen zum 28. Februar entlassen werden. Bekannt war bisher nur der Plan, den Betrieb bis zum 31. Mai dieses Jahres abzuwickeln.

Vier Jahre lang war das Spandauer Callcenter die Auskunft der Deutschen Telekom, wofür das Subunternehmen im Jahre 2000 eigens gegründet wurde. Weil die Telekom den ausgelagerten Service wegen ihres Personalüberschusses wieder selbst betreiben will, wurden von den ursprünglich 500 MitarbeiterInnen bereits 200 entlassen (Jungle World, 53/04). Nun ist der Rest dran. »Gemeinsam mit den anderen Betroffenen bin ich sofort vor das Arbeitsgericht gezogen«, erzählt Lieberam, die als studentisch Beschäftigte bei MCS tätig ist. Zuvor hatten die Angestellten am 1. Februar versucht, eine spontane Betriebsversammlung zu organisieren, was der Geschäftsführer Thomas Weisser mit der Begründung der »Geschäftsschädigung« und dem Verweis auf sein Hausrecht untersagte. Weisser erschien mit vier Bodyguards, die alle Ankommenden kontrollierten. So konnte ein Gewerkschaftsvertreter nur über Umwege ins Gebäude gelangen, einem eilig herbeigerufenen Rechtsanwalt wurde der Zutritt zunächst ganz verwehrt.

Ob die jetzt ausgesprochenen Kündigungen rechtmäßig sind, hat das Berliner Arbeitsgericht zu klären. Die Kündigungsschreiben weisen nämlich gravierende Mängel auf. Weder wurde der Betriebsrat rechtzeitig über die Massenentlassung informiert, noch erscheint die Begründung für die Kündigung, dass »die Deutsche Telekom AG angekündigt hat, über den 28.02.2005 hinaus keine weiteren Calls über unsere Firma abzuwickeln«, stichhaltig.

Beim größten Deutschen Telekommunikationsanbieter weist man jede Verantwortung barsch zurück. »Der Vertrag zwischen der MCS und der Deutschen Telekom läuft bis zum 31. Mai«, sagte der Pressesprecher Hans Ehnert der Jungle World. Die Arbeitsrechtsverletzungen, die Massenentlassungen sowie die dubiosen Geschäftspraktiken der Geschäftsführung von MCS will er nicht kommentieren. »Dazu können wir gar nichts sagen, das ist die Sache von MCS«, erklärt Ehnert.

Das sehen die betroffenen MitarbeiterInnen jedoch anders. »Wir werden uns direkt an die Deutsche Telekom wenden, indem wir am kommenden Donnerstag in die Berliner Zentrale gehen«, kündigt Markus Klarwitter von der Freien ArbeiterInnen Union (Fau) an. Die anarchosyndikalistische Basisgewerkschaft organisiert seit Ende vergangenen Sommers, als bekannt wurde, dass MCS komplett abgewickelt werden soll, den Widerstand dagegen. Gemeinsam mit den Betroffenen hat die Fau einen offenen Brief verfasst, der darauf aufmerksam macht, welcher Zusammenhang zwischen den phantastischen Renditen der Telekom-AktionärInnen und der Schließung des Callcenters in Spandau besteht. Die Deutsche Telekom müsse die Verantwortung für das eigens für ihre Zwecke gegründete Unternehmen MCS übernehmen, schreiben die VerfasserInnen in ihrem Brief. »Wir fordern die Übernahme von MCS durch die Telekom«, sagt Klarwitter. Schließlich seien sie alle gut ausgebildete und nervenstarke TelefonagentInnen.

Gegen ihren Chef, den Frankfurter Wirtschaftsanwalt und alleinigen Gesellschafter von MCS Gerald Brandt, erwägen die Betroffenen zudem eine Klage wegen Konkursverschleppung. Eine Demonstration direkt vor seiner Kanzlei in Frankfurt am Main wurde indes nicht erlaubt, weil in direkter Nachbarschaft das US-amerikanische Konsulat der Stadt seinen Sitz hat.