Völkische Verständigung

Die europäischen Rechtsextremisten vertiefen ihre Zusammenarbeit. Gemeinsam wollen sie den EU-Beitritt der Türkei verhindern. von thilo papacek, madrid

Wenn es gegen den gemeinsamen Feind geht, dann stören sich Nationalisten wenig an ideologischen Widersprüchen. So kooperiert die NPD, die mit Religion an sich nichts zu tun hat und in deren Nähe sich höchstens so genannnte Neuheiden tummeln, bereits seit längerem mit der Falange Española. Die rechte Nachfolgeorganisation der faschistischen Bewegung Francos orientiert sich hingegen am Katholizismus, um ihre Vision eines »imperialen Spaniens« ideologisch zu untermauern. Doch »im Moment der Bedrohung haben sich die Europäer immer zusammengetan«, sagte Roberto Fiore, der Vorsitzende der italienischen Forza Nuova, am 18. Februar in Madrid auf einer gemeinsamen Demonstration mit der Falange, die sich gegen den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union und die spanische Abstimmung über die EU-Verfassung richtete.

Der EU-Beitritt der Türkei würde Europas strategische Position schwächen, eine Einwanderungswelle nach Kerneuropa ermöglichen und die christliche Identität Europas untergraben, hieß es auf der Demonstration. Der Beitritt sei das Instrument »freimaurerisch-kommunistischer« Kräfte, wie Fiore den etwa 700 anwesenden spanischen Falangisten mitteilte. Europa müsse stark werden, um den USA die Stirn bieten zu können, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. Darin waren sich Fiore und die anderen zugereisten rechtsextremistischen Politiker einig.

Sie waren zahlreich erschienen. Neben Fiore kamen auch Udo Voigt (NPD), Dimitros Zaphiropoylos (Golden Dawn, Griechenland) und Cartsian Cartsiuc (Noua Drepta, Rumänien), um ihrem spanischen Kameraden José Fernando Cantalapiedra (Falange Española) als Redner beizustehen. Dies entspricht der neuen Strategie der europäischen extremen Rechten, in Zukunft stärker zu kooperieren. Ein erster Schritt in Richtung einer »europäischen nationalen Front«, wie sie es nennen, ist mit der Einrichtung einer Website (www.europeannationalfront.org) getan. Auf der können sich die Nationalisten in ganz Europa über die Umtriebe ihrer Kameraden in anderen Ländern informieren.

Am 9. April zum Beispiel will der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke in London auftreten. »Zum ersten Mal außerhalb von Deutschland!« verkündet die Website stolz. Auch englische, italienische und spanische Bands sollen auf dem Konzert unter dem Motto »For a Free Europe« auftreten. Dieses verrät bereits, worum es dem Bündnis der Nationalisten geht: Europa als zukünftige Supermacht soll auf der Idee eines »Europas der Vaterländer« gründen, im Gegensatz zu einem Europa der »Globalisierungsfanatiker und Geschäftemacher«, wie es auf der Website heißt. Die vereinigten Nationalisten Europas wollen eine »neue Weltordnung« schaffen und auch ein neues »Wirtschaftssystem, das auf sozialer Gerechtigkeit basiert, im Gegensatz zu den globalistisch-kapitalistischen und marxistischen Wirtschaftssystemen«.

Gemeinsam ist den europäischen Rechtsextremisten ihr Antiamerikanismus und ihr Antisemitismus. So sprach nicht nur Fiore am 18. Februar von einer »freimaurerisch-kommunistischen Verschwörung« gegen Europa. José F. Cantalapiedra sprach vom »internationalen Zionismus«, der, »verkörpert von Bush und Sharon«, im Irak und in Palästina »Völkermorde« anstifte.

Voigt hob in seiner Rede die Notwendigkeit hervor, die Aufnahme »raum- und kulturfremder Länder« in die EU zu verhindern. Er sei für den Aufbau eines starken Europa, »sowohl wirtschaftlich als auch militärisch«, nachdem es »durch den kalten Krieg zwischen zwei Machtblöcken eingekeilt« gewesen sei. Fiore behauptete, dass Israel und die Türkei »schon immer die Feinde Europas« gewesen seien. Und Zaphiropoylos kündigte an, für sein »Europa der Vaterländer« demnächst auf den Straßen von Rom, Paris und Berlin kämpfen zu wollen.

Die »europäische Identität«, der sich die Nationalisten verbunden fühlen, speist sich aus der Ablehnung der Vormachtstellung der USA, des Kommunismus und des Islam. Fiore beschwor in seiner Rede auch die ausländischen Freiwilligenverbände, die während des spanischen Bürgerkrieges die Truppen Francos unterstützten, als Vorläufer seiner europäischen Idee. Voigt reist seit Jahren zu den Gedenkfeierlichkeiten anlässlich der Todestage von Francisco Franco und José Antonio de Riveira, des Gründers der Falange, vom 20. bis 23. November nach Madrid.

Zum festen Programm gehört dabei der Besuch der Denkmäler für die Gefallenen der Legion Condor und der blauen Division. Nirgends sei die »gemeinsame Geschichte von Deutschen und Spaniern so gut sichtbar«, schrieb die NPD-Zeitung Deutsche Stimme. Die Legion Condor unterstützte die frankistischen Truppen während des Bürgerkriegs, und die Blaue Division zählte mit ihren fünf Kompanien zu den Freiwilligenverbänden der SS.

Diese werden von den Nationalisten zu Vorkämpfern ihrer Idee von Europa stilisiert. So sagte Franz Schönhuber, der vor kurzem ernannte europapolitische Berater der NPD, in einem Interview der Deutschen Stimme im September vorigen Jahres, dass es sich bei den Freiwilligenverbänden der SS um die erste »europäische Armee auf freiwilliger Basis« gehandelt habe. Die Franzosen in der so genannten Division Charlemagne »kämpften nicht für Deutschland, sondern für ein vereintes Europa«, sagte Schönhuber. Er selbst war als Ausbilder dieser SS-Division tätig.

Die Idee einer »europäischen Einheit« im Zeichen des Totenkopfs ist nicht neu. Der schwedisch-spanische Rechtsextremist Erik Norling hat bereits mehrere Bücher über die SS-Freiwilligenverbände veröffentlicht, die sich in Spanien großer Beliebtheit erfreuen. Darin werden die Freiwilligenverbände zu Vereinen von Idealisten stilisiert, die gegen die gemeinsamen Feinde kämpften: gegen die UdSSR und die USA. Und auch die Verbrüderung mit dem islamistischen Jihad – so lange er nicht in Europa stattfindet – können sich die Nationalisten aus dieser Geschichtsdeutung herleiten, denn es gab auch einen Freiwilligenverband, der sich aus Arabern rekrutierte.