Schlagend schreiten wir voran

Die Regierungspartei Zimbabwes hat ihren Legitimationsverlust durch Repression und die Klientelisierung des Staates ausgeglichen. Bei den Wahlen zum Parlament hofft sie auf eine deutliche Mehrheit. von ruben eberlein

Zimbabwes Präsident Robert Mugabe kann so einiges nachgesagt werden, Inkonsequenz und Unentschlossenheit gehören jedoch nicht dazu. »So sicher wie der Tag der Nacht folgt, wird die Zanu PF für immer in Zimbabwe herrschen. Es gibt keine andere Partei außer uns, die in diesem Land regieren wird.« Was dem damaligen Premierminister bereits 1982, zwei Jahre nach dem Ende des von weißen Siedlern dominierten Apartheidstaats, sonnenklar war, gilt der Regierungspartei Zanu PF erst recht für die Parlamentswahlen am Donnerstag dieser Woche. Sie peilt eine Zweidrittelmehrheit der 150 Sitze an, von denen 120 zur Wahl stehen. 30 Parlamentsmitglieder werden von Mugabe ernannt.

Fünf Jahre sind vergangen, seit die ungeteilte Macht der Zanu PF für kurze Zeit gefährdet schien. Die Oppositionspartei Movement for Democratic Change (MDC), ein urbanes Bündnis aus bürgerbewegter Mittelschicht, Verlierern der wirtschaftlichen Strukturanpassung und Gewerkschaften, wurde wegen der Unzufriedenheit mit dem zur Staatsklasse erstarrten dominierenden Zweig der Befreiungsbewegung von Erfolg zu Erfolg getragen. Bei den Wahlen im Jahr 2000 errang sie trotz weit verbreiteter Manipulationen, staatlich koordinierter Gewalt und Einschüchterungen aus dem Stand 57 Parlamentssitze.

Die Zanu PF setzte in den darauf folgenden Jahren alles daran, der offenbar gewordenen Erosion ihrer Legitimation zu begegnen, und zwar durch eine gründliche Klientelisierung des gesamten Staatsapparates, eine Rhetorik der Umverteilung und die Stärkung des Repressionsapparates. Eine Landreform, in deren Verlauf die bis dahin dominierenden weißen Siedler enteignet wurden, diente der Schaffung einer loyalen Anhängerschaft sowie als Beweis für die angeblich sozialrevolutionäre Gesinnung der Führung. Tausende früher Landlose beackern nunmehr den Boden für den Eigenbedarf, doch die fruchtbarsten Ländereien landeten in den Händen der Parteioligarchen. Eine durch Hyperinflation und Dürre verschärfte Hungerkrise rief seit Februar 2002 das World Food Programme auf den Plan, das nach eigenen Angaben seitdem Nahrungsmittel an fünf Millionen Menschen, 45 Prozent der Bevölkerung, verteilen musste.

In speziell eingerichteten Trainingslagern bilden Militär und Polizei paramilitärische Gruppen aus, die sich überwiegend aus Jugendlichen rekrutieren. Ihre Aufgabe ist es, vor allem in den Bastionen der Opposition – Matabeleland im Westen, Manicaland im Osten und die Hauptstadt Harare – jede Art von Dissens zu unterdrücken. Die Milizen, so berichten lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen, kontrollieren in jenen Gebieten in Zusammenarbeit mit Geheimdienst und Militär die Ein- und Ausreise, blockieren die Kampagnen der MDC-Kandidaten, nehmen Oppositionelle aus fadenscheinigen Gründen fest und nötigen die Einwohner, an den Jubelfeiern der Partei Mugabes teilzunehmen.

Mit den Ergebnissen dieser groß angelegten Einschüchterungskampagnen und der Beschneidung der Presse- und Versammlungsfreiheit dürfte man in Harare ziemlich zufrieden sein. Aufgrund einer Atmosphäre der Angst und Resignation muss der privatisierte Sicherheitsapparat weit weniger häufig als in den Wahlen vor fünf bzw. drei Jahren morden, entführen und foltern. Zudem hat sich die selektive Zuteilung von Grundnahrungsmitteln auch in Zimbabwe als nützliches Herrschaftsinstrument erwiesen.

Erst im Februar entschied sich das MDC, überhaupt zu den Wahlen anzutreten. Man wolle eine Farce nicht legitimieren, meinte noch vor wenigen Monaten sein Vorsitzender, Morgan Tsvangirai. Der Vorsitzende der MDC-nahen oppositionellen National Constitutional Assembly (NCA), Lovemore Madhuku, befürchtet: »Sie haben ihren Anhängern nicht erklären können, warum sie an einer bedeutungslosen Wahl teilnehmen.«

Die Spitze des MDC hofft hingegen offenbar, von den jüngsten Zerwürfnissen innerhalb der Zanu PF profitieren zu können. Die Auseinandersetzungen zwischen Fraktionen mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten hatten sich im Dezember 2004 über der Frage nach Mugabes Nachfolger erneut verschärft. Während das Küchenkabinett des Präsidenten die als Heldin des nationalen Befreiungskampfes gefeierte Joyce Mujuru, Gattin eines ehemaligen Generals, für den Posten des ersten Vizepräsidenten vorgesehen hatte, wollte die parteiinterne Konkurrenz Emmerson Mnangagwa ernennen.

Die Unterstützer Mnangagwas scheiterten, ihr vorbereitendes Koordinierungstreffen wurde jedoch von der Mugabe-Fraktion als Putschversuch verstanden. Sechs von insgesamt zehn Zanu-Provinzchefs hatten daran teilgenommen und wurden daraufhin abgesetzt. Auch Informationsminister Jonathan Moyo musste seinen Posten räumen. Er tritt nun als unabhängiger Kandidat an.

Verhaftungen zum Teil prominenter Parteigrößen folgten zudem der »robusten Befragung« eines Mannes, der für den südafrikanischen Geheimdienst arbeiten soll. Wie die Zeitschrift Africa Confidential berichtete, wird ihm vorgeworfen, einen Informantenkreis innerhalb der Zanu PF unterhalten und die Mnangagwa-Fraktion unterstützt zu haben. Südafrikas Ziel sei die Beihilfe zum »regime change«, werde in Harare vermutet. Auch ein Treffen zwischen Tsvangirai und Präsident Thabo Mbeki ließ manche Beobachter auf einen Wandel in der offiziellen südafrikanischen Zimbabwe-Politik hoffen.

Bislang bevorzugte der ANC eine euphemistisch »stille Diplomatie« genannte Duldung der Verfolgung von Oppositionellen. Es war vor allem dem Gewerkschaftsverband Cosatu vorbehalten, das repressive Regime der Zanu PF scharf zu kritisieren. Mehrere Versuche der Cosatu, der zimbabwischen Gewerkschaft ZCTU einen Delegationsbesuch abzustatten, wurden unterbunden. Für Mitte März rief die Cosatu zu einer symbolischen Blockade des Grenzüberganges Beitbridge auf. Doch die geringe Teilnahme an den Protesten gegen die Regierung Mugabe reflektiert sowohl das relative Desinteresse der meisten Südafrikaner als auch eine weit verbreitete Bewunderung für Mugabes vermeintlichen Antiimperialismus.

Viele Zimbabwer haben bereits auf ihre Weise abgestimmt; Schätzungen zufolge haben dreieinhalb Millionen Menschen das Land verlassen, vermutlich ein Drittel von ihnen lebt in Südafrika. Wie weit die oft paternalistisch vorgetragene Kritik der Europäer an den autokratischen Verhältnissen in Zimbabwe geht, lässt sich an der Bereitschaft ablesen, Flüchtlingen aus dem Land Asyl zu gewähren. Im November 2004 hob das britische Innenministerium den zwei Jahre zuvor erlassenen Abschiebestopp für Immigranten aus Zimbabwe auf.