Stöhn, Peng, Grübel, Gähn

Nachruf auf Erika Fuchs

»Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder, wie schon der Dichter sagt.« Diesen Satz sagte Gustav Gans 1975. Im Original meinte der Glückspilz viel unpoetischer: »Dig? Me? Why should I dig until I’m sure there’s something to dig for?«

Dr. Erika Fuchs, die deutsche Stimme von Donald und Dagobert, von Daisy, Goofy und Daniel Düsentrieb und all den anderen, ist tot. Sie starb am 22. April im Alter von 98 Jahren. Nicht nur die Donaldisten, die sie »Söhne der Unvernunft« nannte, trauern um ihr Ehrenmitglied, auch Freundinnen und Freunde der deutschen Sprache wissen, dass mit ihr eine Frau gestorben ist, die ihre Welt um einige Wendungen bereichert hat. Sei es nun das viel zitierte »Dem Ingeniör ist nichts zu schwör«, seien es Ausrufe wie »Kicher«, »Gähn«, »Seufz« oder merkwürdige Bilder wie »Deine Phantasie schlägt Blasen«, angelehnt an »Mein Gehirn treibt öfters wunderbare Blasen auf«, Friedrich Schiller, »Don Carlos«.

Erika Fuchs, promovierte Kunsthistorikerin, wollte einst große Literatur übersetzen, doch dazu kam es nie. Sie, die durchgesetzt hatte, dass sie nach dem Ersten Weltkrieg als eines der ersten Mädchen das Knabengymnasium besuchen durfte, wohnte nach ihrem Studium in München, Lausanne und London mit ihrem Mann, einem Fabrikanten, in Schwarzenbach/Saale, bestand aber darauf, den größten Teil des Jahres in Berlin zu leben. Trotz ihres Durchsetzungsvermögens blieb sie weitgehend unpolitisch. Sie neigte eher zum Ästhetizismus.

Auch in den Micky-Maus-Übersetzungen, die sie, obschon sie Comics befremdlich fand, ab dem ersten Heft 1951 bis 1972 fast allein übernahm, hielt sie sich daher nicht unbedingt an das Original. Die amerikanischen Originale, bemerkte sie zu ihrem Biografen Klaus Bohn, seien »etwas brutaler, ich meine nicht im Handgemenge, aber in der Auffassung. Das ist natürlich auch etwas typisch Amerikanisches. Wer smart ist, das bedeutet eigentlich schon jenseits der Legalität, der wird eben bewundert. Das habe ich natürlich abgebogen, denn ich sehe nicht ein, dass man mit Smartsein besser durchkommt.« So wurden die Figuren, die in den Originalstrips von Carl Barks und anderen Zeichnern und Textern auch Slang sprachen, zu hochdeutsch sprechenden Figuren mit bildungsbürgerlichem Hintergrund.

Nichtsdestotrotz verhinderte Erika Fuchs, dass Micky Maus als deutschsprachige Maus auch deutsch dachte – wie etwa in den ersten Übersetzungen von »Asterix und Obelix«, wo diese als die Germanen »Siggi und Barbarras« gegen Besatzer zu kämpfen hatten. Bis Erika Fuchs infolge einer Sehschwäche 1988 endgültig die Chefredaktion bei den Micky-Maus-Heften und den diversen Sonderheften abgab, hielt sie den anarchischen Geist der Originale hoch, wenngleich sie ihn um Derbheiten und alles Sexuelle bereinigte.

Diejenigen, die sich heute an den wunderbaren Strips des Nachfolgers von Carl Barks, Don Rosa, versuchen, zeigen, dass Frau Dr. Fuchs, wären ihr Humor und ihr Durchsetzungsvermögen weniger ausgeprägt gewesen, auch aus der schönsten Vorlage einen langweilen deutschen Schinken hätte machen können. Sie jedoch versuchte, die Comics, für die sie die Deutschen als nicht reif genug erachtete, diesem Volk nahe zu bringen. Manche ihrer Sätze werden ewig bleiben, etwa dieser: »Schrille, wem Geschrill gegeben!«

jörg sundermeier