Zwei Hände für ein Allahu Akbar

Mit einer demonstrativen Freundschaftsbekundung wurden die besonderen saudisch-amerikanischen Beziehungen erneuert. von jörn schulz

Nicht jedem Regierungschef ist es vergönnt, bei einem Besuch in den USA auf die Ranch von George W. Bush im texanischen Crawford eingeladen zu werden. Um seinen Willen zur Verbesserung der transatlantischen Beziehungen zu dokumentieren, hat Bush im vergangenen Jahr angeregt, der französische Präsident Jaques Chirac möge nach Crawford kommen, »um sich die Kühe anzugucken«. Chirac war noch nicht da, und Gerhard Schröder wurde gar nicht erst eingeladen.

Der saudische Kronprinz Abdullah dagegen konnte schon zum zweiten Mal Ofelia, der Lieblingskuh des Präsidenten, beim Grasen zuschauen. Nach dem ersten Besuch im Mai 2002 hatte Abdullah sich über den dürftigen Informationsstand Bushs beklagt: »Ich hielt es für meine Pflicht, so lange wie möglich zu bleiben, um ihm die Fakten zu erläutern.« Das Treffen in der vergangenen Woche verlief harmonischer. Bush und Abdullah demonstrierten ihre Freundschaft mit einem Spaziergang, bei dem sie einander die Hand hielten. Die Bedeutung dieser Geste erläutert James Zogbly vom Arab American Institute: »Die Botschaft für die saudische Bevölkerung war, dass ihr Führer den Respekt und die Unterstützung des amerikanischen Präsidenten hat.«

In der gemeinsamen Abschlusserklärung bekunden die USA ihren Respekt vor Saudi-Arabien »als dem symbolischen Zentrum des islamischen Glaubens« und versichern, dass sie keineswegs »ihren eigenen Regierungsstil der Regierung und dem Volk Saudi-Arabiens aufzwingen« wollen. Saudi-Arabien revanchiert sich mit der Anerkennung der Meinungsfreiheit in den USA und deren »historischer Rolle bei der Beendigung von Kolonialismus und Imperialismus«.

Das saudische Königshaus wird also den USA nicht die Sharia aufzwingen. Als Gegenleistung kann Abdullah erwarten, nicht allzu sehr mit Reformforderungen belästigt zu werden, auch wenn die US-Regierung die saudischen Kommunalwahlen lobt und sogar eine »noch breitere Partizipation« für wünschenswert hält. Bei den seit 1990 versprochenen und im Frühjahr abgehaltenen Kommunalwahlen waren Parteien verboten, die Kandidaten durften nicht über Politik sprechen. Frauen waren nicht wahlberechtigt, und die Hälfte der kommunalen Vertreter, die nur beratende Funktion haben, wurden von der Regierung ernannt. Vermutlich hatte Bush dieses Reformtempo vor Augen, als er im Januar erklärte, die Demokratisierung des Nahen Ostens sei die »Arbeit von Generationen«.

Saudi-Arabien ist eine der letzten absolutistischen Monarchien der Welt. Diese Herrschaftsform hat den Vorteil, dass eine einmal getroffene Entscheidung nicht im Parlament diskutiert oder gar vor der Bevölkerung gerechtfertigt werden muss. Allein Saudi-Arabien ist derzeit willens und in der Lage, als swing producer seine Ölproduktion in einem Ausmaß zu erhöhen, das zu einem Fall des Ölpreises führen könnte. Abdullah sagte zu, den Export zu steigern und die Produktionskapazität zu erhöhen. Damit haben die USA auf Kosten der Opec ihren Einfluss in der Ölpolitik erhöht.

Die Erneuerung der besonderen saudisch-amerikanischen Beziehungen ist auch ein Zeichen dafür, dass die US-Regierung nicht damit rechnet, den Irak zu einem alternativen swing producer aufbauen zu können. Die Ausweitung der Produktion wird durch Anschläge behindert, vor allem aber ist es keineswegs sicher, dass die Irakis aus purer Dankbarkeit eine den US-Interessen gefällige Ölpolitik betreiben werden. Bislang konnte sich das irakische Parlament nicht auf einen Ölminister einigen. Da greift Bush lieber auf alte Freunde zurück, die nicht ein Vierteljahr über die Regierungsbildung diskutieren müssen.