Heuschrecke mit Streifen

Mit der geplanten Übernahme von Reebok will Adidas in den US-amerikanischen Markt einbrechen. Der US-Marktführer Nike erwägt bereits Gegenmaßnahmen. von elke wittich

Fußballfans, die 1996 zur WM in die USA gereist waren, wunderten sich häufig, warum sie von den Einheimischen als Deutsche erkannt wurden, selbst wenn sie auf schwarz-rot-goldene Devotionalien verzichteten. Die Lösung war dabei jedoch ganz einfach: Die meisten trugen Adidas-Turnschuhe, damals nicht nur ungefähr die unhippeste Marke, die es so gab, sondern in Amerika auch relativ exotisch.

Mittlerweile hat sich das Image des deutschen Herstellers gründlich geändert. Global werden mit sportiver Footwear umgerechnet rund 27 Milliarden Euro umgesetzt. Mitte letzter Woche nun gab Adidas bekannt, den Rivalen Reebok übernehmen zu wollen. Hintergrund dieser Entscheidung dürfte der Wunsch sein, endlich auf dem US-Markt Fuß zu fassen. Der wird bislang vom Weltmarktführer Nike beherrscht, 36 Prozent aller dort verkauften Turnschuhe tragen das Logo des US-Herstellers. Nun will Adidas diese Position angreifen, indem es die amerikanische Marke Reebok übernimmt – auf 20 Prozent werde sich der Marktanteil nach der Übernahme belaufen, heißt es dazu aus Unternehmenskreisen. Erste Gespräche zwischen Adidas und Reebok-Managern seien bereits geführt worden und ausgesprochen positiv verlaufen.

Reebok gilt als Wunschkandidat, weil der Hersteller unter anderem lukrative Ausrüsterverträge mit renommierten US-Ligen wie der Football-Liga NFL und der Profi-Basketball-League NBA besitzt. Mehr als die Hälfte des letztjährigen Umsatzes in Höhe von 3,2 Milliarden Euro erwirtschaftete Reebok in den USA, wo Adidas nur knapp ein Fünftel dieser Summe umsetzen konnte.

Außerdem steht der US-Turnschuhmacher finanziell gut da: Der Börsenwert beläuft sich auf 2,6 Milliarden Euro, dem gegenüber stehen Verbindlichkeiten in Höhe von gerade 360 Millionen Euro. Herbert Hainer, Chef von Adidas, sieht die geplante Übernahme folgerichtig als »große Chance« und prophezeit »wunderbare Wachstumschancen«.

Analysten wie Christian Schindler von der Landesbank Rheinland-Pfalz beurteilen dies ganz ähnlich. Seit Monaten entwickelt sich die Adidas-Salomon-Aktie besser als der Dax, das Unternehmen verkündet in seinen Quartalsberichten gewohnheitsmäßig positive Zahlen. Ein Ende dieses Trends ist momentan nicht abzusehen, da die Branche mindestens bis zur Fußball-WM 2006 boomen werde.

Zur geplanten Übernahme von Reebok erklärte Schindler, die Aktie sei ein »Outperformer«. Beide Unternehmen passten gut zueinander, da es sich um eine »komplementäre Akquisition« handele – der gefürchtete Kannibalisierungseffekt fiele weg. Beide Unternehmen stünden nun vor »neuen Möglichkeiten zur Kundenansprache und zu Kosteneinsparungen«. Durch das »größere Einkaufs- und Verkaufsvolumen« könne Adidas in Zukunft aus einer weit stärkeren Position heraus mit Lieferanten und Kunden verhandeln.

Unternehmens-Chef Herbert Hainer erklärte in einem Interview mit dem Focus bereits: »Natürlich wird die ein oder andere Aufgabe zusammengelegt werden … Heute haben wir zwei Organisationen von Trend-Scouts, die sich im Markt umschauen, da reicht künftig eine.« Allerdings, so betonte er, werde es keine »signifikante Reduktion der Mitarbeiter geben«. Die beiden Marken würden auch in Zukunft strikt getrennt bleiben, Läden, in denen sowohl Adidas- als auch Reebok-Produkte angeboten werden, werde es auch in ferner Zukunft definitiv nicht geben.

Allerdings könne es sein, dass Reebok sich in Europa künftig auch in Sparten positioniere, in denen der Hersteller bisher nicht aktiv geworden sei. So deutete Hainer bereits an, dass es durchaus denkbar sei, dass irgendwann das Reebok-Logo die Trikots eines Fußball-Bundesligisten zieren könnte. Konkreter wollte der Manager jedoch noch nicht werden.

Probleme mit den US-Kartellbehörden erwartet Hainer bei der geplanten Übernahme nicht. »Mit Blick auf die USA müssten die Behörden den Deal geradezu begrüßen. Sonst manifestieren sie Nikes Übermacht, und Wettbewerber haben keine echte Chance mehr.« Allerdings, so Analyst Christian Schindler, sei der Kaufpreis für Reebok mit den von Adidas angegebenen 3,1 Milliarden Euro sehr hoch, zudem bestehe die Gefahr, dass die Integration der beiden Unternehmen scheitere – aber das sei schließlich bei jeder Großakquisition der Fall.

Aber nicht einmal bei Adidas wird man damit rechnen, dass mit der Reebok-Übernahme nun alles gut wird. Denn die Nike-Chefs werden ganz sicher nicht einfach dasitzen und zuschauen, wie sich das deutsche Unternehmen auf ihrem Markt breitmacht. Der US-Hersteller ist schließlich dafür bekannt, dass er notfalls sehr schnell zu reagieren imstande ist – in den letzten Jahren kaufte man kurzerhand die Konkurrenzfirmen Converse, Starter und Hurley. Insider prognostizierten folgerichtig bereits kurz nach dem Bekanntwerden des Adidas-Plans, dass Nike-CEO William Perez daran arbeite, im Gegenzug die Marke Puma zu übernehmen. Eigentlich, so die Experten übereinstimmend, müsse das Ziel ein ganz anderes sein: New Balance, der drittgrößte US-Hersteller. Eine Fusion des Branchen-Ersten mit dem Dritten werde jedoch kaum von den amerikanischen Kartellbehörden genehmigt werden.

Puma spielt dagegen auf dem lukrativen US-Markt keine besonders große Rolle, dürfte jedoch aus mehreren Gründen für Nike interessant sein. Zum einen ergänzen sich die Produkte der beiden Hersteller. Puma hat sich einen festen Platz in den Sparten Mode und Lifestyle gesichert, ein Segment, das dem Nike-Imperium noch fehlt. In der letzten Woche teilte das Unternehmen zudem mit, sich weiter zu einer Sportlifestyle-Marke entwickeln zu wollen und daher in fünf weiteren Bereichen, darunter Golf und Motorrad-Sport, engagieren zu wollen. Bei der Fußball-WM möchte Puma mehr als fünf Nationalmannschaften ausrüsten, welche das sein werden, wurde jedoch noch nicht bekannt.

Finanziell steht Puma gut da, das Herzogenauracher Unternehmen mit einem um zehn Prozent nach oben korrigierten erwarteten Umsatz von 1,7 Milliarden Euro in 2005 gilt als grundsolide. Für das nächste Jahr rechnet Puma-Chef Jochen Zeitz mit einem Plus von bis zu 30 Prozent, nicht zuletzt wegen der Fußball-Weltmeisterschaft. Allerdings schränkte er bereits ein: »Wachstum um jeden Preis wird es nicht geben. Wir werden unsere Premium-Preisstrategie aufrechterhalten und keinen Vertrieb in Niedrigpreiskanälen zulassen.«

Eine Übernahme sei darüber hinaus sehr einfach zu bewerkstelligen: Puma-Aktien befinden sich zu fast 85 Prozent mehrheitlich im Streubesitz, nur ein verschwindend kleiner Anteils-Anteil gehört institutionellen oder großen Anlegern. Mit fast 17 Prozent größter Anleger sind Günther und Daniela Herz, die ehemaligen Tchibo-Eigner. Und sie seien keine Aktien-Besitzer, so vermutete der Spiegel bereits, die sich ein gutes Geschäft entgehen lassen würden. Insider rechnen damit, dass Nike den Aktionären einen Aufschlag von rund 25 Prozent bieten könnte. Insgesamt koste dies das Unternehmen mehr als 4,5 Milliarden Euro – bei einer geschätzten Bargeldreserve von rund 1,6 Milliarden zum Ende des Jahres durchaus machbar. Sogar eine Vollfinanzierung des Kaufs sei ohne weiteres möglich, erklärten Analysten.

Puma hat zudem kaum Möglichkeiten, sich gegen eine feindliche Übernahme zu wehren. Die Chancen, dass die Aktien des Herstellers bald im Dax den Wert der HypoVereinsbank ersetzen, sind drastisch gesunken; wahrscheinlich wird diese Position an die Hypo Real Estate gehen.