Monopoly mit Gas

Unter der rot-grünen Regierung erreichte Eon zusammen mit Ruhrgas eine Monopolstellung auf dem Gasmarkt. Willkürliche Preiserhöhungen sind die Folge. von heiko balsmeyer

Mit der Liberalisierung der Energiemärkte, so hieß es Ende der neunziger Jahre, würden die Energiekosten für die Industrie und die privaten Haushalte niedriger werden. Der Wettbewerb sollte die Preise sinken lassen. Damals schon warnten kritische Stimmen vor einem den Gesetzen des Kapitalismus folgenden Prozess der Monopolisierung. Mittlerweile haben die großen Energiekonzerne die Strom- und Gasmärkte unter sich aufgeteilt. Von der rot-grünen Bundesregierung unbehelligt entwickelte sich der Strommonopolist Eon mithilfe seiner Tochterfirma Ruhrgas auch zum Monopolisten auf dem deutschen Gasmarkt. Mit einem Leitungsnetz von 11 000 Kilometern Länge hat Ruhrgas bereits einen Marktanteil von 60 Prozent.

Derzeit steigen die Gaspreise in der ganzen Republik. Im Schnitt sind es etwa 0,8 Cent, die pro Kilowattstunde im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich zu bezahlen sind. Die Gasrechnungen erhöhen sich so um sechs bis 14 Prozent. Die Begründung der Gasversorger lautet einhellig, die Importpreise seien gestiegen, weil der Gas- an den Ölpreis gekoppelt ist. Tatsächlich ist die Ölpreisbindung lediglich eine Branchenvereinbarung zwischen Erdgasproduzenten und -verteilern. Auch reicht die Vereinbarung als Begründung für den Anstieg der Gaspreise nicht aus, denn der durchschnittliche Importpreis ist im gleichen Zeitraum nur um 0,4 Cent gestiegen. Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher meint daher: »Der weitaus größte Teil der Preiserhöhungen ist hausgemacht und hat nichts mit den Gasimportpreisen zu tun.«

Die Redaktion der Sendung »Markt« des WDR hat errechnet, dass eine Preiserhöhung von 0,1 Cent eine Milliarde Euro mehr in den Kassen der Gasversorger bedeutet. Interessant ist auch, dass Verbilligungen des Importpreises in den vergangenen Jahren nicht an die Verbraucher weitergegeben wurden. Aus Sicht der Gasmonopolisten gilt die Bindung an den Ölpreis offensichtlich nur in eine Richtung. Für weitere Zweifel an einer adäquaten Preispolitik sorgte der Präsident des Bundeskartellamts, Ulf Böge, mit der Aussage: »Wir können aber nicht unterstellen, dass die zugrunde liegenden Basispreise nicht auch überhöht sind.« Der Verdacht liegt nahe: Eon Ruhrgas ist beispielsweise mit 6,4 Prozent am halbstaatlichen Energiekonzern in Russland, Gazprom, beteiligt, bestimmt dessen Preise mit und bezieht fast ein Drittel seines Gases von dort. Der Gaspreis hat also weniger mit Marktentwicklungen als mit der Abschöpfung des aus der Monopolstellung stammenden Extraprofits zu tun.

Die Entstehung des Gasmonopols war von der rot-grünen Bundesregierung gefördert worden. Mit einer Ministererlaubnis setzte sich im Jahr 2002 der damalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) über die Entscheidung des Kartellamts und der Monopolkommission hinweg, die Fusion von Eon und Ruhrgas nicht zuzulassen. Müller war von einem Vorläuferunternehmen der Firma Eon ins Ministerium gewechselt, erhielt zu seiner Regierungszeit zusätzlich 8 000 Euro pro Monat aus der Kasse des Unternehmens und wurde von der Ruhrkohle AG im Jahr 2003 mit einem lukrativen Job für seine Entscheidung belohnt. Während Eon und RWE den Strommarkt faktisch unter sich aufteilen, wurde Eon mit Ruhrgas zum Monopolisten auf dem Gasmarkt.

Damit will man sich im Kartellamt offenbar nicht abfinden und versucht, über rechtliche Einschränkungen bei den Gaslieferverträgen das Versprechen einer Liberalisierung doch noch einzulösen. Die Gasimporteure binden derzeit ihre Kunden, Stadtwerke und Regionalversorger, über Lieferverträge mit einer Dauer von häufig 20 Jahren und mehr an sich und tätigen so recht risikolose Geschäfte mit guten Renditen. Auch mit den Lieferländern bestehen entsprechend langfristige Verträge. Nach den Vorstellungen des Kartellamtspräsidenten Böge sollen Verträge mit Kunden, die 80 Prozent und mehr ihres Gases von nur einem Lieferanten bekommen, nicht länger als zwei Jahre gültig sein. Bei Kunden, die mehr als 50 Prozent von einem Lieferanten beziehen, soll die maximale Laufzeit vier Jahre betragen. Nach Aussagen Böges hat Eon Ruhrgas diese Lösung abgelehnt, weil sie auch beinhaltete, dass die alten Verträge nur mit der Zustimmung der Abnehmer gültig geblieben wären. Eon Ruhrgas wollte diese aber auch gegen ihren ausdrücklichen Wunsch weiter an sich binden können.

So wird alles Weitere der Justiz überlassen. Böge kündigte an: »Mit dem Scheitern der Konsenslösung wird das Bundeskartellamt nun die sofortige Umsetzung der Marktöffnung auf dem rechtlichen Weg umsetzen.« Der Vorstandsvorsitzende von Eon-Ruhrgas, Burckhard Bergmann, ist überzeugt davon, »dass die Summe der Einschränkungen, die das Kartellamt nicht nur uns, sondern allen Gasversorgungsunternehmen auferlegen will, nicht gerichtsfest ist«.

Als gar nicht gerichtsfest haben sich mittlerweile die willkürlichen Preiserhöhungen der Gasversorger erwiesen. Der Bund der Energieverbraucher und die Verbraucherzentralen hatten dazu aufgerufen, die Zahlung der erhöhten Preise zu verweigern. Denn nach Paragraf 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dürfen Preiserhöhungen nur nach »billigem Ermessen« vorgenommen werden. Wird dieses vom Verbraucher angezweifelt, so muss ein Gericht entscheiden, welcher Preis angemessen ist. Bis dahin darf der Versorger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Versorgung weder einstellen noch damit drohen.

Nach Schätzungen des Bunds der Energieverbraucher weigern sich inzwischen etwa 200 000 Gaskunden in Deutschland, die erhöhten Preise zu zahlen. In Hamburg übt vor allem die örtliche Verbraucherzentrale Druck auf den Gaslieferanten Eon Hanse aus. 52 Kunden haben beim Landgericht Hamburg Klage gegen den Gasversorger eingereicht. Eon Hanse hatte die Gaspreise zum 1. Oktober 2004 um rund zehn Prozent und zum 1. Februar 2005 wiederum um 2,8 Prozent erhöht. Weitere 10 000 Verbraucher sind dem Aufruf der Verbraucherzentrale Hamburg gefolgt und haben den Preisaufschlag nicht bezahlt. Das Unternehmen Eon Hanse wurde vom Hamburger Landgericht aufgefordert, seine Preiskalkulation offen zu legen. Das Gericht hält die Klage sowie den Einwand der Unbilligkeit für zulässig und hat für den 8. Dezember seine Entscheidung angekündigt.

Den Einsatz eines wirkungsvollen Mittels, um die Macht der Monopole zu brechen, hat unlängst Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband gefordert. Da das Monopol der Energieversorger seine materielle Grundlage im Monopol der Energienetze hat, hält er etwa die Abgabe der Gas- und Stromleitungen an Dritte für sinnvoll. Dass dies eine reale Möglichkeit ist, zeigt das dänische Beispiel. Dort wurde vor kurzem das Stromnetz wieder verstaatlicht.