Nützt, aber überzeugt nicht

UN-Bericht über den Mord an Hariri von alfred hackensberger

Auf der Pressekonferenz am Freitag in New York hatte es Detlev Mehlis nicht leicht. Kaum einer der anwesenden Journalisten konnte recht verstehen, warum von dem Bericht, den der Berliner Oberstaatsanwalt im Auftrag der Vereinten Nationen erstellt hatte, zwei verschiedene Versionen existierten. Die Namen von syrischen Offiziellen, darunter der Bruders und der Schwagers des Präsidenten Bashar al-Assad, tauchten in einer korrigierten Form nicht mehr auf, angeblich ein Resultat eines Treffens zwischen Detlev Mehlis und dem UN-Generalsekretär Kofi Annan. Derartige Pannen scheinen die Kritik der syrischen Regierung zu stützen, die den Bericht als »politische Stellungnahme« abtut, die eher auf Spekulationen denn auf Fakten beruhe.

Ganz Unrecht hat sie damit nicht. Ein großer Teil des Berichts widmet sich dem politischen Klima vor der Ermordung des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Februar dieses Jahres und stützt sich auf Aussagen von antisyrischen Politikern, die nur wiedergeben, was andere ihnen erzählt haben. Zudem ist auffällig, dass Hinweisen, die Syrien möglicherweise entlasten könnten, kaum nachgegangen wird.

Einen zentralen Platz nehmen die Aussagen zweier libanesischer Geheimdienstler ein, wobei einer von ihnen seltsamerweise anonym bleibt. Beide bestätigen, dass es ein syrisch-libanesisches Komplott bis in die höchsten Dienstränge gab und das Auto, das für das Attentat benutzt wurde, auf einer syrischen Militärbasis im Libanon beladen worden sei. Über die Glaubwürdigkeit des Unbekannten wird nichts weiter gesagt, während der zweite Zeuge, Zuhir Saddik, als glaubwürdig eingeschätzt wurde, »weil er sich selbst belastet«. Eine falsche Aussage dieses Zeugen bleibt jedoch völlig unkommentiert. Er behauptet nämlich, dass der Mann, der im angeblichen Bekennervideo einer islamistischen Gruppe zu sehen ist, vom syrischen Geheimdienst ermordet und ins Bombenauto gesetzt wurde. Verschiedene internationale forensische Teams haben jedoch festgestellt, dass dieser Mann nicht im Fahrzeug war. Wer stattdessen im Auto saß, bleibt offen, ebenso wie die Frage, wie das in Japan gestohlene Fahrzeug in den Libanon gelangt ist oder woher der Sprengstoff kam.

Ohne diese beiden Aussagen reichen die gesammelten Erkenntnisse des Berichts zunächst für keine Verurteilung. Daneben geht es in dem Bericht hauptsächlich um die Frage, wer mit wem, vor und nach dem Attentat telefonierte. Dabei geht es insbesondere um zehn Mobilnummern, die unmittelbar nach der Ermordung abgeschaltet wurden. Diese Daten, die von libanesischen Mobilfunkdiensten stammen, offenbaren ein Netz von Politikern, Geheimdienstlern und Geschäftsleuten, die mit dem Bombenanschlag in Verbindung stehen könnten.

Dies könnte die These des linken Journalisten Samir Kassir bestätigen, der vor einigen Monaten ermordet wurde. »Unser Land wird von einer Mafia regiert, nicht von Politikern.« Demnach könnte die Ermordung Hariris ebenso das Werk einer solchen politischen Interessengruppe sein. Auch im UN-Bericht ist von Korruption, Geldwäsche und Betrug die Rede. Der US-Regierung jedoch reichen die Ergebnisse der Untersuchung, um im UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Syrien zu fordern.