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Wie sage ich’s nur?

Protokollfragen. In Deutschland ist die Etikette streng geregelt. Und so weiß die Abteilung »Protokoll-Inland« im Bundesinnenministerium schon länger, wie man Angela Merkel nach ihrem Amtseid korrekt anspricht. Dem »Ratgeber für Anschriften und Anreden« zufolge ist ihr offizieller Titel »Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland«. Möchten Sie sie mündlich ansprechen, reicht »Frau Bundeskanzler«. In der schriftlichen Anrede sollten Sie sich mehr Mühe geben und »Sehr verehrte« bzw. »geehrte Frau Bundeskanzlerin« wählen, mit akademischem Grad, Vor- und Zunamen. Ausländern wird es noch schwerer gemacht. Im internationalen Schriftverkehr soll »Ihrer Exzellenz der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland« die korrekte Anrede sein. Merkels Briefköpfe müssten schon in »Bundeskanzlerin« geändert worden sein, es wird jedoch kein »Bundeskanzlerinnenamt« geben. Das Grundgesetz wird wegen des Begriffs »Bundeskanzler« nicht revidiert. Die Internetseite www.bundeskanzler.de aber führt schon jetzt automatisch zu www.bundeskanzlerin.de. Was aber bedeutet das jetzt für Schmähanreden? (mas)

Schröder schreibt

Karriere. Politiker sind Workaholics. Gerhard Schröder ist dafür ein gutes Beispiel. Hatte die Ausrufung von Neuwahlen im Mai nicht den Verdacht erweckt, dass er sich endlich mit seiner Frau in ein Appartement in New York zurückziehen will? Jetzt könnte es so weit sein, aber was tut er stattdessen? Gerade mal zwei Tage nach seinem Abgang aus dem Kanzleramt wurde bekannt, dass Schröder ab Januar für den Schweizer Medienkonzern Ringier tätig wird. Er soll dort für Fragen der »internationalen Politik« zuständig sein. Schröder will aber auch selbst schreiben, und zwar für die Schweizer Boulevardzeitung Blick. Sie gehört ebenso zum Ringier-Verlag wie das deutsche Magazin Cicero, das sich auch schon auf Beiträge Schröders freut. Cicero? Ja, das ist die Zeitschrift, deren Redaktionsräume jüngst nach einer Weisung von Otto Schily, damals noch Innenminister unter Schröder, wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat durchsucht wurden. Was aber heißt das nun wieder? Wird nach seinem ersten brisanten Artikel Schröders Haus in Hannover durchsucht? Wir werden’s lesen. (sw)

Krisen und Chancen

Musikindustrie. Das Christkind gibt es nicht. Und zum Leidwesen der US-Plattenindustrie scheint es auch das traditionelle »Weihnachtsgeschäft« nicht mehr zu geben. Wurde früher noch die größte Sommerflaute mit der Gewissheit des großen Profits in der Vorweihnachtszeit ignoriert, zeigt sich die Branche nun konsterniert. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete man schon jetzt Einbußen von 15 Prozent, und die Firmen rechnen nicht mehr damit, den Rückstand aufzuholen. Vielleicht macht es die Plattenindustrie ihren größten Gegnern, den Schwarzbrennern, einfach zu leicht. Der neue XCP-Kopierschutz, den Sony in den USA eingeführt hat, lässt sich jedenfalls kinderleicht knacken. Mitarbeiter des IT-Unternehmens Gartner Group haben jüngst herausgefunden, dass man dafür nur einen undurchsichtigen Klebestreifen benötigt. Pappt man ihn über die Partie der CD, auf der sich der Kopierschutz befindet, also auf die mit dem bloßen Auge gut zu erkennende »zweite Session«, kann man sie problemlos mit den üblichen Programmen kopieren. (mst)

»Ich will!«

Iranisches Musikvideo. Die nahöstliche Kulturindustrie hat längst den Suicide Bomber als Popstar entdeckt – auf Plakaten, in Liedern und nun, dank des iranischen Fernsehsenders IRIB/ Jaam-e Jam3, auch im Videoclip. Darin wird ein junges palästinensisches Paar gezeigt, dass sich auf seine Hochzeit vorbereitet. Statt sich aber zu vermählen, werden beide von Bildern aus Jerusalem aufgerüttelt, wo israelische Soldaten einen Intifada-Kämpfer erschießen. Der Mann wählt nun das Martyrium, nicht das Ehebett, steigt in seinen Mercedes, bindet sich eine rote Stirnbinde um und explodiert an einem israelischen Checkpoint. Während eine israelische Fahne verbrennt, singt eine Stimme: »Mein Schrei ist die Axt, die die Wurzeln der Nacht ausreißt. Wacht auf, Ihre Muslime!« Die Mutter und die Frau des Helden nähen weiter an den Hochzeitskleidern, bis jubelnde Palästinenser an ihrem Haus vorbeiziehen. So also sieht sie aus, die popkulturelle Verstärkung diverser Präsidentenreden aus der Region, die zur Vernichtung Israels aufrufen. Aber halt: Vermutlich ist das Video gar nicht so gemeint, sondern ein Beispiel persischer Filmkunst, das sich einfühlsam mit den Sorgen und Nöten einer entfremdeten Jugend auseinandersetzt. (vdo)

Die Besten sterben jung

George Best. Er hielt, was sein Name versprach. Pele würdigte ihn als »besten Fußballer der Welt«. George Best war der erste Popstar des Fußballs, einer, der zum Berufssportler wurde, weil er nicht wie sein Vater in den Docks von Belfast schuften wollte, der sich von keiner Autorität etwas sagen ließ, der sein Geld verprasste und am Ende dort landete, wo er herkam: in der Gosse. Zwischen 1963 und 1974 spielte Best für Manchester United und errang 1968 den ersten Europacupsieg einer englischen Mannschaft. Er gehörte nicht zu den Fußballern, die erst nach dem Ende ihrer Karriere zur Flasche greifen, er trank immer. Passend zu seiner Rolle als tragischer Held war er nicht dabei, als England 1966 Weltmeister wurde. Er war nordirischer Nationalspieler. Mit 28 flog er bei Manchester United raus, weil man dort von seinen Eskapaden genug hatte. Es folgte eine Reihe anderer Teams, eines schlechter als das vorige, schließlich die Knastauswahl von Ford Open, wo er 1984 wegen Alkohols am Steuer und Widerstandes gegen die Staatsgewalt gelandet war. Vor drei Jahren erzählte Best, dass ihm Ärzte den Tod vor seinem 30. Lebensjahr prophezeit hätten, wenn er seinen Whiskeykonsum nicht zügele. George Best widersetzte sich auch dieser Autorität. Er wurde 59. Am Freitag erlag er den Folgen einer Lungen- und Nierenentzündung. (dy)