Das stinkt!

Russisch-norwegische Beziehungen von elke wittich

Die Meldung war kurz, genügte aber, um die üblichen Verdächtigen auf den Plan zu rufen. Die norwegische Finanzministerin Kristin Halvorsen hatte Agenturmeldungen zufolge in einem Interview mit der Zeitung Dagbladet zum Boykott israelischer Waren aufgefordert – und prompt freute man sich zum Beispiel in den Foren des »Muslimmarktes« und diverser Nazi-Vereinigungen ganz gewaltig über das Land, das Israel und den USA so tapfer die Stirn biete. Halvorsens Statement wurde flugs zur offiziellen Regierungsentscheidung umgedeutet. Dass die dank ihrer Öl-Milliarden von den USA nicht erpressbaren Länder Norwegen und Russland nun zu den Israel nicht geneigten Ländern gerechnet werden könnten, würde dafür sorgen, dass keine Kriegs-Koalition entstehen könne, frohlockte man in den Internetforen.

Aus der erhofften Allianz zwischen Norwegen und Russland wird allerdings in absehbarer Zeit nichts, und das liegt nicht nur daran, dass Halvorsen die dümmliche Boykottanregung nicht als Regierungs-, sondern nur als Parteimitglied gemacht hatte und sich ihre Politikerkollegen schnell und eindeutig davon distanzierten.

Beide Länder haben sich zusätzlich gerade zerstritten, und zwar nicht wegen Atomen, sondern wegen Fischen.

Angefangen hatte es damit, dass russische Behörden vor fünf Wochen norwegischen Lachs mit einem Importverbot belegten. Russland ist der größte Abnehmer für norwegischen Lachs, der wegen seiner hohen Qualität als besondere Delikatesse gilt. Grund für das Einfuhrverbot seien Kadmium-Funde im Fleisch der Tiere, die die Grenzwerte sehr deutlich überschritten, erklärten die zustän­digen Kontrolleure.

Stichproben, die sofort vom Lebensmittelaufsichtsamt angeordnet wurden, ergaben jedoch keine Beanstandungen. Trotzdem sind die ökonomischen Folgen für die Züchter hart: Seit der Entscheidung der russischen Behörden sind die Preise für norwegischen Lachs um einen Euro pro Kilo gefallen, im Laufe des Januars sank die Exportmenge kontinuierlich um 400 Tonnen pro Woche.

»Es ist nicht nachvollziehbar, wieso norwegische Fische Gift enthalten sollen und russische nicht, denn schließlich schwimmen sie Seite an Seite im Meer herum«, erklärte Mikhail Zub, Direktor der Murmansker Fischfabrik. Skandal und Importverbot seien » von der Mafia gesteuert, das ganze System ist korrupt. Einige wenige Leute können, wann immer es ihnen gefällt, ganz Russland dicht machen, um Millionen Dollar zu verdienen.« Und die Putin-Administration stecke mit ihnen unter einer Decke.

So sei es wohl kein Zufall, dass das Importverbot verhängt wurde, kurz nachdem ein illegal fischender russischer Trawler in norwegischen Gewässern aufgebracht worden war. Die russischen Fischereizonen gelten als chronisch überfischt. 250 Tonnen Fisch werden von 500 Beschäftigten in Murmansk täglich verarbeitet, die ausbleibenden Lieferungen aus Norwegen würden bald zu spüren sein, so Zub weiter.

Die norwegische Fischereiministerin Helga Pedersen ging in einer ersten Stellungnahme nicht auf die Korruptionsvorwürfe ein, kündigte jedoch an, man werde mit den russischen Behörden weitere, sehr deutliche Gespräche führen. Bis zum 25. Januar erwarte man nun zunächst eine Stellungnahme.

Aus der von politischen und religiösen Fundamentalisten herbeiphantasierten großen Völkerfreundschaft zwischen Russland und Norwegen wird nun wohl erstmal nichts. Böse Lachse!