Die Sprache bleibt deutsch

Verein Deutsche Sprache

Eine großartige Eliteeinheit wurde da zusammengetrommelt: Der Verein Deutsche Sprache nutzt für seine gegenwär­tige Kampagne die Konterfeis einiger Pro­minenter, die jedoch bisher nicht durch besondere Sprachverwendung aufgefallen sind, um für sich und sein zweifelhaftes Anliegen, den Schutz der deutschen Sprache vor Fremdeinflüssen, zu ­werben. Ein ausnahmsweise mal nicht schmerzverzerrt grinsender Dieter Hallervorden, dessen vorgeblicher Ernst jedoch von seiner »Frisur« konterkariert wird, die dem Schopf eines Max oder Moritz nachgebildet ist, sagt uns: »Die deutsche Sprache ist nicht nur mein Arbeitsmedium, sondern auch öffentliches Gut und wichtigster Ausdruck unserer Kultur.«

Man muss sich fragen, ob er nicht einfach immer nur weiter Nonstop Nonsens produziert, wenn er die Sprache als »Aus­druck der Kultur« feiert und nicht etwa als Hilfsmittel dazu. Entsprechend un­sinnig ist auch seine Folgerung, die Sprache bedürfe »deshalb ebenso der Pflege und des Schutzes wie Wasser, Boden und Luft«. Angesichts der etwas antiquier­ten Umweltmetaphern fragt man sich, wann endlich auch Hallervorden merkt, dass man »Deutsch« nicht wirklich essen kann.

Doch auch die anderen Beiträger sinnieren in diesem Stile, wie etwa die grüne Politikerin Antje Vollmer, wenn sie die »eigene Sprache den Kern aller Welterkenntnis« nennt. Immerhin: Um die Welterkenntnis von Frau Vollmer zu charakterisieren, wird dieses schiefe Bild wohl taugen. Auch Hans-Olaf Henkel, der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, weiß etwas: »Allein in ihrer Muttersprache denken Wissenschaftler kreativ, anspruchs­voll und genau. Deshalb sollten deutsche Forscher sie beständig hegen und pflegen.«

Wir fassen zusammen: Umweltschutz, Kern, Hege & Pflege. Die ausgesuchten Opinionleader verwechseln die deutsche Sprache mit einem anderen Mythos, dem deutschen Wald. Und fühlen sich wohl berufen, darin nach Gutdünken die deutschen Eichen vor welschem Unkraut und englischem Wildwuchs zu schützen.

Bestsellerautor Bastian Sick (»Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod«) träumt sich und uns in die infantile Zeit hinein, da wir noch Legosteine in den ungelenken Händchen hielten: »Wie ein Haus aus Steckbausteinen lässt sich unsere Sprache immer wieder neu zusammensetzen. Das macht sie so reich – und uns alle zu Architekten.« Unterstützt wird diese Plakataktion vom Werbetafel- und Toiletten­häuschenaufsteller Wall AG. Wahrlich ein würdiger Mitstreiter.

»Der abendländische Mensch lebt mit den Kategorien Ramsch und Reklame«, konstatierte Peter Hacks. Und so wird fortlaufend Werbung für Strom, Gas und nun eben auch Sprache gemacht. Es muss wohl an der viel beschworenen »Macht der Konsumenten« (»Käuferstreik«) liegen, dass nun selbst menschliche Grundbedürfnisse, wie die nach Licht, Wärme und Kommunikation, beworben werden müssen. Denn die verklärende Werbung für Sprache geht einher mit dem Verfall der dafür notwendigen Infrastruktur, wie der Schließung von Bibliotheken und Thea­tern. Das eine muss das andere verschleiern.

philipp steglich