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Der Fernsehbuddha

Nam June Paik. Er gilt als Vater der Medienkunst. Unter dieser versteht man heute flimmernde Bildschirme, wie sie aktuell wieder massenhaft auf dem Berliner Medienkunstfestival »Transmediale« zu sehen sind. Was genau Medienkunst heute bezwecken soll, für was sie da ist, was sie ausmacht, das weiß niemand mehr genau zu definieren. Sie gilt eben immer noch vor allem als ungemein zeitgemäß, als klare Absage an das verrunzelte Tafelbild, und deswegen steht sie schon per se im Verdacht, Avantgarde zu sein.

Nam June Paik kam damals eher über Umwege dazu, sich mit Fernsehern und dem Umgang mit diesen zu beschäftigen. 1932 wurde er in Seoul geboren, machte seinen Bachelor Of Arts über Arnold Schönberg in Japan, studierte in Deutschland bei Wolfgang Fortner und kam bald in Kontakt mit John Cage und Karlheinz Stockhausen.

In Deutschland stand er dann auch im Mittelpunkt der Fluxus-Bewegung, war eng mit Joseph Beuys befreundet und wie dieser auch Esoterik gegenüber nicht abgeneigt. Stille und Kontemplation in der neuen Medienwelt, das waren seine Themen. Es waren schließlich auch die Sechziger, Sinnsuche, Spiritualität, Zen-Buddhis­mus waren schwer in Mode, und Nam June Paik versuchte all dies künstlerisch zu verarbeiten. Interessanterweise in Konfrontation mit der neuen Fersehwirklichkeit, die heute, so behauptet zumindest Baudrillard, realer als die Realität selbst sei.

Paik begann damit, Fernseher zu manipulieren, sie zu Mitmachgeräten umzugestalten. 1965 entwickelte Sony den ersten Videorekorder, Paik beschäftigte sich intensiv mit den neuen Möglichkeiten dieses Mediums, entwickelte erste »Video-Synthesizer«. Paik gilt heute auch als derjenige, der das MTV-Zeitalter vorwegnahm, als Begründer der Musikvideo-Clips.

Vor ein paar Jahren erlitt Paik einen schweren Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr richtig erholen sollte. Anfang letzter Woche ist er in New York im Alter von 73 Jahren ver­stor­ben. (aha)

Bei Handyklingeln Mord

Stephen King. Der im letzten Jahr in die deutschen Kinos gekom­mene Film »The Call« des japanischen Trashkurblers Takashi Miike brachte ein ähnliches Thema auf die Leinwand, was Stephen King sich als Plot für seinen nächsten Roman ausgedacht hat, der »Cell« heißen soll. Bei Miike wurden übers Handy unheimliche Todesbotschaften übermittelt, bei wem das Handy klingelte und es sich heraustellte, dass in der Leitung der unheimliche Killer war, der hatte nicht mehr lang zu leben.

Stephen King wird den Miike-Stoff nun aber ein wenig umdrehen. Bei ihm werden über das Handy Botschaften verschickt, die die Empfänger in blutrünstige Bestien verwandeln. Auf dem Cover des Buchs wird sich, um das ganze noch bildhafter zu machen, ein Handy in einer Blutlache befinden.

Immerhin, das wird langsam deutlich, scheint die grassierende Handy-Unkultur immer stärker Thema des Kulturbetriebs zu werden. Beim nächsten Handyklingeln Mord, das wünscht man sich selbst ja auch regelmäßig in der U-Bahn oder im Kino, wenn man mal wieder vom Gebimmel seines Nachbarn belästigt wird. Gut zu wissen, dass es einem dabei nicht anders geht als so manchem Kul­tur­schaf­fenden. (aha)

Die Leinwandsäuberer

China. »Brokeback Mountain«, der neue Film von Ang Lee, gilt als sicherer Kandidat für die nächsten Oscar-Verleihungen. Der Film ist ziemlich ungewöhnlich, handelt er doch von zwei schwulen Cowboys, was in Hollywood auch nicht gerade ein alltäglicher Stoff ist.

In China wird der Film nun genauso wenig zu sehen sein wie der derzeit auch in den deutschen Kinos gespielte Film »Geisha«. »Broke­back Mountain« wurde aus moralischen Gründen verboten, »Geisha« aus nationalistischen. Die Chinesin Zhang Ziyi, die die Rolle der japanischen Geisha übernommen hat, wird in China als »Vaterlandsverräterin« beschimpft. Unerträglich finden viele in China, dass sich eine Chinesin sexuell ausgerechnet japanischen Männern hingibt. Raubkopien des Films sind freilich längst im blühenden chinesischen Schwarzmarkthandel erhältlich. (aha)

Liebe am Bodensee

Martin Walser. Sind Sie auch interessiert an Themen wie »Eros, Ehe, Lebenslust«? Davon handle, so der Verlag von Martin Walser, dessen neuer Roman mit dem wunderbaren Titel »Der Augenblick der Liebe«. Ein Liebesroman von Martin Walser, leben wir nicht gerade deswegen, um so etwas noch lesen zu dürfen? (aha)

Auf die Ohren

Pete Townshend. Ausgerechnet Pete Townshend, Kopf von The Who, warnt vor den Schäden, die MP3-Player verursachen können. The Who gelten als ehemals lauteste Band der Welt, ein Ruf, der bei Townshend freilich auch dazu geführt hat, dass er kaum noch etwas hört.

Townshend befürchtet, dass die Verbreitung von MP3-Playern, die den Walk- und Discman abgelöst haben, zur Dauerbeschallung bei seinen Besitzern führt und sich diese so einen Tinnitus ein­fan­gen. (aha)

Die Party fällt aus

Leipziger Buchmesse. Die Junge Freiheit, die auf der Leipziger ihr 20jähriges Bestehen feiern wollte, muss nun woanders ein zünftiges deutsches Fest mit Blasmusik veranstalten. Sie wurde mit der Begründung von der Leipziger Buchmessse ausgeladen, »die ordungsgemäße Durchführung der Buchmesse« zu gefährden. Komische Begründung, so viel destruktive Kraft würden wir dem popligen Blatt der strammen Rechten gar nicht zutrauen. Vermissen werden wir es aber wohl auch nicht. (aha)