Welcome, Mr. Massenmörder!

Die Münchner Nato-Sicherheitskonferenz wurde auch in diesem Jahr wieder von Protesten begleitet. Die Hauptsorge der Nato-Gegner galt dem Iran. von magnus bosch

Alle Jahre wieder kommen sie nach München, die Strategen der Nato, und treffen sich zur Sicherheitskonferenz, und alle Jahre wieder werden sie von wütenden Demonstranten empfangen. Rund 1 700 Menschen brachten am vergangenen Samstag bei klirrender Kälte ihren Unmut über das »Treffen der Kriegsstrategen« zum Ausdruck.

»Ginge es nach dem Grundgesetz, dürfte diese Tagung gar nicht stattfinden«, sagte Claus Schreer vom Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus auf der Auftaktkundgebung am Lenbachplatz. Denn die Konferenz diene der »Vorbereitung von Angriffskriegen«, was verfassungswidrig sei. Er übte sich nicht in verbaler Zurückhaltung: »Hier versammeln sich die Topmanager der Rüstungsindustrie, für die der Massenmord ein lukratives Geschäft ist.« Den amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bezeichnete er als »berufsmäßigen Kriegsverbrecher und Massenmörder«, die im vornehmen Hotel »Bayerischer Hof« tagenden Politiker nannte er eine »kriminelle Vereinigung«. Mehrmals wurden Demons­tranten, die ein Plakat mit der Aufschrift »Rumsfeld Massenmörder« zeigten, von der Polizei abgeführt.

Auf der Demonstration war der Iran das dominierende Thema. Schreer meinte, auf der Nato-Tagung würden die Absprachen für ein militärisches Vorgehen gegen den Iran getroffen. »Die Bundesregierung ist diesmal eine der treibenden Kräfte«, fügte er hinzu. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) stünden »in vorderster Front dieser Kriegstreiber«. Zwar verurteilte Schreer die Hetzreden des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad, der im vergangenen Jahr den Holocaust geleugnet und seinen Wunsch geäußert hat, Israel von der Landkarte zu löschen: »Die antiisraelischen Äußerungen verdienen die allerschärfste Zurückweisung.« Allerdings rechtfertigten diese Tiraden keinen Präventivkrieg.

Auf der Abschlusskundgebung am Marienplatz ergriff Andreas Zumach, Korrespondent der taz in Genf, das Wort. Seiner Ansicht nach habe die Europäische Union eine »diskriminatorische Forderung« aufgestellt, indem sie vom Iran einen dauerhaften Verzicht auf die Urananreicherung verlange. Ahmadinejads Hetztiraden bezeichnete der Journalist als »dümmliche Äußerungen«, die ausschließlich aus innenpolitischen Gründen gefallen seien. Ob der Iran Atomwaffen besitzen wolle, sei bis heute unklar, sagte er und warnte: »Die Eskalation der Worte wird umschlagen in eine militärische Eskalation.« Zumach meinte, die USA sollten dem Iran eine Nicht-Angriffsgarantie geben. Ferner sollte dessen Recht auf die Anreicherung von Uran anerkannt werden. Und außerdem sollte Israels Atomwaffenarsenal zum Gegenstand der Verhandlungen werden.

Mit der Solidarität mit Israel war es auf der Demonstration nicht weit her. Vergeblich wartete man darauf, dass jemand ansprach, welche Bedrohung das iranische Nuklearprogramm für Israel darstellt. Stattdessen wurden Transparente mit der Aufschrift »Wer kontrolliert die Atom-Staaten USA und Israel?« gezeigt oder auch eine Tafel, die »Solidarität mit dem Widerstand im Irak und Palästina« forderte. Die Rückseite zierte der Spruch: »Es reicht – 60 Jahre US-Besatzung in Deutschland.«

4 000 Polizisten wurden am Wochenende am Rande der Sicherheitskonferenz eingesetzt. Die Polizei nahm bis Sonntagmorgen 60 Personen vorübergehend in Gewahrsam. Vor der Demonstration hatten Polizei und Justiz rigide Auflagen verfügt. Die Organisatoren der Proteste, zu denen u.a. die Linkspartei, Verdi und Attac aufgerufen hatten, sprachen von »einem selbst uns noch unbekanntem Ausmaß staatlicher Zensur und Kontrolle«.