Kuscheln mit den Unberührbaren

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler lobt die Regierung Mozambiques für ihre Reformen. Andere sehen das südafrikanische Land im Griff einer Mafia. von ruben eberlein

In zuverlässiger Regelmäßigkeit findet die deutsche und europäische Afrika-Politik einen neuen Kandidaten, der als das »andere Gesicht« des Kontinents vorgeführt wird. Marodierende Banden, Terror gegen die Zivilbevölkerung sowie mafiöse Oligarchenherrschaft – all diese unschönen Dinge sollen nicht verstellen, dass da Hoffnung ist. Im Zuge der jüngsten Reise von Bundespräsident Horst Köh­ler, die ihn in drei Länder des südlichen Afrika führ­te, raunt man derzeit, dass Mozambique jenes »andere Gesicht« sei.

Bereits als Managing Director des IWF war Köhler einige Male in Maputo zu Gast. Damals trug er Verantwortung für die »Strategie zur Armutsreduzierung« (PRSP), in der die wirtschaftliche Liberalisierung zum Mantra für »armutsorientierte Entwicklung« erklärt wird. Die Einschätzungen einiger Beobachter gehen allerdings über eine Kritik der marktradikalen Modernisierung hinaus.

Der Schriftsteller Mia Couto, der als Direktor der staatlichen Nachrichtenagentur AIM und Chefredak­teur mehrerer Politmagazine arbeitete, kommentierte, dass »wir in einem Königreich leben, in dem Gangster das Sagen haben«. Ähnlich sieht das Joseph Hanlon, ein unter anderem auf Entwicklungspolitik spezialisierter For­scher. Zwischen internationalen Gebern und Angehörigen des Ver­wal­tungs­ap­pa­ra­tes habe sich eine spezielle »symbiotische Beziehung« entwickelt: »Mo­zam­biques räu­berische Elite (…) stiehlt keine Hilfsgelder, sie führt die Freihandelsreformen durch wie gefordert, ist Teil einer schwachen Demokratie und über­häuft die Geber mit Lob. Dafür weiß sie, dass sie straflos rauben und morden kann«, schrieb Hanlon in Third World Quarterly.

Köhler attestierte der mozambiquanischen Regierung, der derzeit Armando Guebuza vorsteht, bereits im Juli 2003 »eine saubere Arbeit«. Mit keinem Wort ging der damalige Chef des IWF öffentlich auf die Vorgänge um die Ermordung des Journalisten Carlos Cardoso und des Chefs der staatlichen Bankenaufsicht, Siba-Siba Ma­cuacua, im Jahre 2000 ein. Beide recherchierten über den Verbleib von mindestens 400 Millionen US-Dollar, die im Zuge zweier Banken­skan­dale verschwanden. Einer der Männer, der des Mordes an Cardoso für schuldig befunden wurde, konnte zweimal aus der Haft fliehen. Der Richter im Prozess gegen dessen Wärter meinte, diese seien »nur die Prügelknaben, hinter denen sich die Klasse der Unberührbaren versteckt«. Nach wie vor ungeklärt ist die angebliche Verstrickung des Sohnes des damals amtierenden Präsidenten Joaquim Chissano in den Auftragsmord an Cardoso.

»Es ist offensichtlich, dass die Regierung im vergangenen Jahr die meisten Ziele der ›guten Regierungsführung‹ nicht erreicht hat. Dennoch hat sie weiterhin die volle Unterstützung der Geber«, sagte Hanlon der Jungle World. Sie hat auch die Unterstützung des Bundespräsidenten, der auf seiner jüngsten Reise von einer Wirtschaftsdelegation des Afrika-Vereins begleitet wurde. Deren Interesse sei, so ihr Vorsitzender, »zu sehen, welche Atmosphäre hier herrscht«. Die Mitglieder der einflussreichen Lobbygruppe dürften mit den Gepflogen­heiten in Afrika allerdings bestens vertraut sein.

In einem Artikel über den Ölboom, der das mörderische Regime Äquatorial-Guineas an der Macht hält, las man in der Vereinszeitschrift: »Bei staatlichen Projekten sollte immer auf eine frühzeitige Einbindung des Präsidenten und der ihn umgebenden Personen geachtet werden, da Finanzierungen und Entscheidungen letztendlich über den Präsidenten laufen.«

Eine »wohltemperierte Euphorie«, so Johannes Dieterich im Wirtschaftsmagazin Brand Eins, löste der Empfang der deutschen Unternehmer beim Präsidenten aus. Schließlich wur­den lukrative Geschäfte in Aussicht gestellt. Und wer weiß, vielleicht wird das Land auch bald zu den hoffnungsvollsten Afrikas gezählt.