Bad Vibrations, Mr. Blair!

Während die britische Polizei Beweise für die geplanten Anschläge auf Transatlantikflüge sucht, wächst die Kritik an der Sicherheitspolitik der britischen Regierung. von federica matteoni

Die offenbar geplanten Attentate auf britische Transatlantikflüge vor zwei Wochen vereitelt zu haben, gilt als großer Erfolg der britischen Polizeibehörde mit ihrem angeschlagenen Image. Die Kritik an Premierminister Tony Blair jedoch wächst. Nicht nur, weil er sich auf seiner Yacht namens »Good Vibrations« in der Karibik sonnt, während zu Hause möglicherweise die größ­te Terrorbedrohung aller Zeiten herrscht.

Die Sicherheitspolitik seiner Regierung wird von mehreren Seiten scharf kritisiert. Der konservative Oppositionsführer David Cameron erklärte auf einer Pressekonferenz: »Ich glaube nicht, dass die Regierung genug tut, um islamistische Extremisten zu bekämpfen.« Die Regierung habe »unentschuldbare« sicherheitspolitische Fehler begangen, wie zum Beispiel die Entscheidung von Schatzkanzler Gordon Brown, den Haushalt des Innenministeriums für drei Jahre einzufrieren. Die Regierung solle effektiver gegen die Radikalisierung von Muslimen und »Hassprediger« vorgehen, zum Beispiel durch die Einführung eines Ministeriums für Terror­bekämpfung.

Aus ganz anderen Gründen sind britische Muslime mit der Sicherheitspolitik der Regierung Blair unzufrieden. Wie bereits nach den Bombenanschlägen vom 7. Juli 2005 warnen britische muslimische Verbände davor, dass nun die gesamte muslimische Gemeinschaft stigmatisiert werden könnte. In einem gemeinsamen Brief an Blair kritisierte jedoch eine Vielzahl muslimischer Organisationen an erster Stelle die Außenpolitik: »Das Debakel im Irak und die Weigerung, mehr zu tun, um die Angriffe auf Zivilisten im Nahen Osten zu stoppen, erhöht das Risi­ko für Menschen in der Region und ist Muni­tion für die Extremisten, die uns alle bedrohen«, hieß es in dem Brief.

Nach einer aktuellen Umfrage, die am Wochenende vom Institut YouGov im Auftrag der Zeitschrift Spectator durchgeführt wurde, scheint auch die Mehrheit der britischen Bürger die terroristische Bedrohung in Verbindung mit der Außenpolitik der Regierung Blair zu sehen. 73 Prozent der Befragten sind der Überzeugung, dass der Westen sich »in einem Weltkrieg gegen islamische Terroristen befindet, die den westlichen Lebensstil bedrohen«. 53 Prozent sind der Meinung, dass die britische Außenpolitik angesichts der Terrorbedrohung noch »aggressiver« als bisher werden sollte, die Mehrheit wünscht sich weiterhin eine »stärkere Anbindung an Europa« und eine Distanzierung von den USA in außenpolitischen Fragen.

Während die Regierung versucht, angesichts der weiterhin als ernst geltenden terroristischen Bedrohung ein politisches Klima der nationalen Einheit herzustellen, intensivierten Scotland Yard und der Inlandsgeheimdienst MI 5 am Wo­chenende die Ermittlungen gegen die 23 mutmaßlichen Terroristen, die seit dem 10. August in Untersuchungshaft sitzen. Nach dem neuen britischen Antiterrorgesetz dürfen Terrorverdächti­ge 28 Tage ohne Anklageerhebung fest­ge­hal­ten wer­den. Nach sieben sowie nach 14 Tagen müssen Gerichte jedoch die Gründe für eine Haftverlän­gerung prüfen. Mitte voriger Woche wurde für zwei Verdächtige eine Haftverlängerung von fünf Tagen genehmigt, für alle anderen beträgt die Haftverlängerung sieben Tage. Eine Anklageerhebung könnte jedoch unmittelbar bevorstehen. Die BBC berichtete am vergangenen Donnerstag, die Polizei habe bei Hausdurchsuchungen auf mindestens sechs Laptops der Terrorverdächtigen so genannte Märtyrer-Videos gefunden. Das wäre ein deutliches Indiz dafür, dass sie einen Selbstmordanschlag planten: Solche Videos hinterlassen Selbst­mordattentäter, um ihre Motive zu erklären. In einem Wald bei High Wycombe soll außerdem ein Koffer mit Materialien zum Bomben­bau sichergestellt worden sein, berichtete die BBC weiter. Die britischen Behörden gaben jedoch darüber keine Informationen heraus.