Selbständig arbeitslos

Nur wenige Existenzgründer haben das Vergnügen, sich bei der neuen Arbeitslosenversicherung für Selbständige anmelden zu können. von frank fitzner

Mobiler Fahrraddoktor, Würstchenverkäuferin im Park, Taxifahrer für Tiere – das sind Berufe, die im Trend liegen. Da sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse seltener werden, versuchen es immer mehr Menschen mit prekären Existenzgründungen. Umso erstaunlicher ist, dass die Einführung einer Arbeitslosenversicherung für Selbständige zum 1. Februar 2006 weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit erfolgte. Dass der Kreis der potenziell Versicherten nur wenige Monate später erheblich eingeschränkt wurde, bekamen noch weniger Menschen mit.

Ein Selbständiger, der mindestens 15 Stunden pro Woche arbeitet, kann eine »freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung« bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen – vorausgesetzt, er hat in den 24 Monaten vor Aufnahme seiner Tätigkeit mindestens zwölf Monate lang eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt oder Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezogen. Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe erhalten zu haben, reicht nicht aus.

Unabhängig vom Einkommen müssen monatlich 39,81 Euro im Westen beziehungsweise 33,56 Euro im Osten bezahlt werden. Die Höhe des Arbeitslosengeldes wird ebenfalls unabhängig vom vorherigen Verdienst berechnet. Je nach beruflicher Qualifikation, Wohnsitz und Steuerklasse zahlt die Versicherung 546,90 bis 1 364,10 Euro aus. Die freiwillige Arbeitslosenversicherung ist daher vor allem für hoch qualifizierte Selbständige interessant. Doch sogar im ungünstigsten Fall liegt das Arbeitslosengeld für einen Monat über dem Jahresbeitrag.

Die Anspruchsdauer beträgt, abhängig von Versicherungszeit und Alter, zwischen sechs und 18 Monaten. Ein Selbständiger gilt als arbeitslos, wenn er seine Tätigkeit beendet oder die für sie aufgewendete Zeit unter 15 Stunden pro Woche sinkt.

Auch Personen, die außerhalb der EU oder der assoziierten Staaten beschäftigt sind, oder solche, die ihre Angehörigen mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegen, können sich gegen Arbeitslosigkeit versichern. Nur ist die Regelung – außer für die Pflegepersonen – zunächst bis 31. Dezember 2010 befristet. Vermutlich befürchtet der Staat, dass die Ausgaben höher sein könnten als erwartet.

Der Antrag auf freiwillige Arbeitslosenversicherung muss innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden. Personen, die schon länger selbständig sind, können noch bis Ende dieses Jahres eine Versicherung beantragen. Die Übergangsregelung galt zunächst für alle, die Frist wurde dann aber für jene, die sich vor dem 1. Januar 2004 selbständig gemacht haben, auf den 31. Mai dieses Jahres verkürzt. Diese Gesetzesänderung erfolgte so geheim und kurzfristig, dass sogar die zuständigen Stellen der Arbeitsagentur erst Ende Mai davon erfuhren.

»Möglicherweise wurde das Angebot einer freiwilligen Weiterversicherung trotz ausgebliebener Informationskampagne zu gut angenommen«, vermutet Monika Kämer, die zuständige Teamleiterin bei der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte. Sie hält die Fristverkürzung, die die Arbeitsagentur in den Augen der Kunden unglaubwürdig gemacht habe, für nicht gerechtfertigt. »Dies hat uns die Arbeit nicht leichter gemacht, wir erhalten seitdem viele Beschwerden und Widersprüche.«

Tatsächlich ist die Fristverkürzung im Hinblick auf das Prinzip des Vertrauensschutzes höchst zweifelhaft, und Rechtsmittel einzulegen, könnte sich durchaus lohnen. Nur besteht die Gefahr, dass das zu erwartende Verfahren noch andauert, wenn der ehemals Selbstständige schon längst arbeitslos geworden ist.

Was an der Einführung einer Arbeitslosenversicherung für Selbständige positiv war, ist so wieder relativiert worden.