Nachrichten

Aus der Metaphern-Manufaktur

Anti-Terrorkampf. Peter Sloterdijk ist Philosoph und Betreiber einer gigantischen Metaphern-Manufaktur in Karlsruhe, in der »Blasen«, »Schäume« und »Kugeln« produziert werden. Der letzte Schrei: »Quarantäne der Information«. Für diese warb der Philosoph auf einer Podiumsdiskussion in Berlin. Mit »Quarantäne der Information« ist aber nur die gute alte »Zensur« umschrieben, weshalb sich die anwesenden Journalisten nicht wirklich für die Sache begeistern konnten.

Sollen die Medien die Verbrechen des Terrorismus verschweigen? Der Philosoph war dafür und warnte die Presse vor einer »Komplizenschaft mit dem Terror«. Wenn die furchtbarsten Verbrechen die größte Aufmerksamkeit erhielten, sei das wie eine Aufforderung zur Wiederholung, fand Sloterdijk únd plädierte für eine Info-Quarantäne. Der Chefredakteur der Zeit, Giovanni di Lorenzo, nannte das einfach nur »vorauseilenden Gehorsam des Journalismus« und war dagegen. (her)

Der auch?

Habermas. Alles Nazis, außer Fest? So geht’s nicht, findet der Philosoph Jürgen Habermas und hat eine Änderung in Joachim Fests Autobiografie »Ich nicht« durchgesetzt. Grund ist eine Klage des Philosophen, der sich durch eine Passage des Buches angegriffen fühlt, in der ihm seiner Ansicht nach eine Nähe zum Nazi-Regime bescheinigt wird. Habermas zog vor das Hamburger Landgericht, das eine Streichung der betreffenden Stelle verfügte, woraufhin der Rowohlt-Verlag, in dem das Buch erscheint, bereits seinen Einspruch ankündigte. Vorerst allerdings wird das Buch ohne die inkriminierte Passage ausgeliefert.

Darin geht es um einen Zettel, den der Philosoph verschluckt haben soll, weil er an seine Zeit als Hitlerjunge erinnerte. Zwar kolportiert Fest, der kurz nach Erscheinen des Buchs am 11. September dieses Jahres verstorben ist, die Zettelgeschichte, ohne den Namen Habermas zu verwenden, da das Anekdötchen aber bereits seit Jahren die Runde macht, weiß jeder, wer damit gemeint ist.

Was stimmt, was nicht? Unstrittig ist, dass der 1929 geborene Habermas als Hitlerjunge im Sanitätsdienst tätig war und 1943 Ausbildungskurse abhielt, an denen auch der spätere Historiker Ulrich Wehler teilnahm. Oder eben auch nicht teilnahm, denn auf dessen mehrmaliges Fehlen reagierte Habermas mit einem so genannten »Aufforderungszettel«, einer Art Rekrutierungsaufruf an Wehler. Den herrschaftsfreien Diskurs hatte Habermas zu diesem Zeitpunkt also noch nicht erfunden.

Strittig ist nun, was zwanzig Jahre später mit dem Zettel passierte. Zu diesem Zeitpunkt befreundeten sich die beiden miteinander. Wehler soll den Aufforderungsbrief die ganze Zeit aufbewahrt und dann an den neuen Freund Habermas geschickt haben – und der soll ihn dann »verschluckt« haben. Fest und Co. nehmen das Verschlucken wörtlich und malen sich aus, wie Habermas das Formular mühsam heruntergewürgt habe.

Im Hause des Sprechakt-Theoretikers selbst will man das Verschlucken allerdings im übertragenen Sinne verstanden wissen. So soll Gattin Ute beim gemeinsamen Elba-Urlaub gegenüber Wehler zwar vom geschluckten Zettel gesprochen haben, allerdings nur um anzudeuten, die Angelegenheit sei für den Gatten ebenso unwichtig wie unangenehm gewesen, er habe den Zettel also wieder vergessen.

Die Zettel-Story hatte bereits Ende Oktober die Juristen beschäftigt, als Jürgen Busche im Magazin Cicero unter dem Titel »Vergesst Habermas!« einen Skandal auf Basis dürrer Fakten herbei zu schreiben versuchte. Cicero musste daraufhin eine Unterlassungserklärung abgeben. Es sei eine Denunziation, »die das durchsichtige Ziel verfolgt, zusammen mit Grass eine unbequeme Generation von Intellektuellen abzuräumen«, kommentierte Habermas den Vorgang. Leider zieht ja der Verweis auf das eigene Unbequemsein bei Habermas auch nicht mehr so richtig. Und bei Grass schon gleich gar nicht. Ende der Debatte? (her)

Keine neue Kartoffelaffäre

Jaroslaw Kaczynski. Kaum ist die so genannte Kartoffelaffäre um eine Satire auf der Wahrheit-Seite der taz aus den Schlagzeilen, sorgt der polnische Ministerpräsidente Jaroslaw Kaczynski erneut für Aufregung. Das Presseamt des Präsidenten hat einem Bericht der polnischen Zeitung Dziennik zufolge Fotografen verboten, den korpulenten Politiker von der Seite abzulichten. Damit sich alle da­ran halten, würden Barrieren am Regierungssitz errichtet, die die Fotografen auf die richtige Position zwingen würden. Vermutungen, dass dadurch das Doppelkinn und der Bauch Kaczynskis weniger stark zur Geltung kommen sollen, wies ein Regierungssprecher in Warschau zurück. Der Deutsche Journalisten-Verband sagte, es handele sich um einen eklatanten Verstoß gegen die Pressefreiheit, wie er nur aus Diktaturen bekannt sei, und forderte deutsche und polnische Pressefotografen auf, die Auflagen zu ignorieren. Alles sei ein großes Missverständnis, erklärte unterdessen der Präsident auf einer Pressekonferenz und ließ sich zum Beweis seiner Souveränität von der Seite fotografieren. (her)

Make Love, Not War

Umfrage. Welche der großen Weltreligionen dient dem Frieden? Laut einer Umfrage traut knapp die Hälfte der Deutschen dem Christentum den größten Friedenswillen im Vergleich der Weltreligionen zu. In der vom evangelischen Monatsmagazin chrismon beauftragten Emnid-Umfrage schnitten der Islam und das Judentum deutlich schlechter ab. Dem Islam bescheinigten 43 Prozent, nichts zum Welt­frieden beizutragen. Für noch unfriedlicher hält der Durchschnittsdeutsche das Judentum, dem 50 Prozent der Befragten die Fähigkeit absprachen, Frieden zu stiften. Buddhismus und Hinduismus folgten jeweils mit 35 und 42 Prozent. Von allen Religionen glaubt aber jeweils mindestens ein Drittel, dass sie nicht zum Frieden beitragen können. (her)