Intrigantenstadl

Skandal in der CSU von philipp steglich

In Bayern erfreut man sich zum Jahreswechsel an einem Volksstück der besonderen Art: der »Sex-Spitzel-Affaire« (Bild). Es handelt sich um einen Konflikt, der sich so nur im Freistaat abspielen kann und dessen Protagonisten allesamt der Regierungspartei CSU angehören. Die Opposition hat – wie immer – nichts zu sagen und bleibt unbeteiligt außen vor.

Gabriele Pauli, »die schöne Landrätin« (alle Medien) und einsame parteiinterne Kritikerin des Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, war von einem Parteifreund darauf aufmerksam gemacht worden, dass Stoibers Büroleiter Michael Höhenberger dabei sei zu erkunden, ob sie »Alkoholprobleme« habe bzw. wechselnde »Männerbekanntschaften« pflege. Nach den Vorstellungen der Mitarbeiter der bayerischen Staatskanzlei muss sich wohl eine in Trennung lebende, allein erziehende, Motorrad fahrende Doktorin der Politikwissenschaft zwangsläufig in Promiskuität und Rausch flüchten.

Nachdem sie gewarnt worden war, dass man eine Intrige gegen sie vorbereite, bat sie Stoiber um ein Gespräch. Der lehnte ab. Daraufhin ging sie an die Öffentlichkeit, und Büroleiter Höhenberger musste, trotz eifriger Dementis, zurücktreten. Weil der Streit ohnehin schon eskaliert war, setzte Pauli nach und forderte, den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2008 per Urwahl von den Mitgliedern der CSU bestimmen zu lassen. Das würde bedeuten, dass sich der amtierende Ministerpräsident interner Konkurrenz stellen müsste. Ein schlicht unerhörtes Anliegen. Denn der Amtsinhaber könnte dabei nur verlieren – und das ist von Pauli auch so intendiert.

Der ehedem glänzende Bayernstar ist nach seinem überraschenden Verzicht auf ein Ministeramt in der Bundesregierung schon angezählt und leidet unter schlechten Umfragewerten in den heimatlichen Gefilden. Landstraßen voller Großplakate mit den Konterfeis von Stoiber und Gattin »Muschi« unter dem Schriftzug »Unsere Stoibers«, das ist nicht mehr vorstellbar. Deshalb fürchtet die Regierungspartei, dass das Wahlergebnis 2008 schlechter ausfallen könnte und ihre Pfründe schwinden könnten. Zudem hat die Regierung außer einem »ausgeglichenen Haushalt« keinerlei landespolitische Ziele mehr. Man ist vollauf damit beschäftigt, die Gesundheitsreform und den Beitritt der Türkei zur EU abzulehnen.

Kein Wunder, dass aus einem entlegenen Randgebiet Bayerns wie Franken, wo die Wirtschaftslage schlecht ist, Kritik zu hören ist. Pauli ist Landrätin in Fürth, und ihre wenigen Mitstreiter stammen ebenfalls aus der Region.

Und noch etwas anderes kommt hinzu: Anders als andere Parteien hat die CSU bisher keine Gelegenheit gehabt, sich in der Opposition zu »regenerieren« und sich, wie man auf Neudeutsch sagt, »personell neu aufzustellen«. Sie musste derlei stets trotz Regierungsverantwortung leisten. Das war bereits bei den Wechseln von Strauß zu Streibl und von Streibl zu Stoiber so. Da Stoiber bislang weder einen Nachfolger aus der Partei noch unter seinen drei Kindern ausgewählt hat, gibt es keinen. Dieser Zustand befremdet und verunsichert die autoritätshörigen CSU-Mitglieder wohl am meisten.

Was jetzt als Kampf der Elementarkräfte, Basis vs. Parteispitze, Kommunen vs. Landesregierung, »Frau gegen Mann« (Bayerischer Rundfunk), wahrgenommen wird, ist der Versuch, eine neue Führungsfigur zu kreieren.