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Sie wollen nur spielen

Online-Spiel. In der vergangenen Woche kam es vor Kaufhäusern in Köln und Bochum zu chaotischen Szenen. Menschen drängelten, schoben und drückten. Einige wurden verletzt. Der Grund dafür ist, dass die erste Erweiterung des Computerspiels »World of Warcraft« in den Handel kam. In »The Burning Crusade« können die Spieler, die über das Internet in der Fantasiewelt zusammentreffen, einen neuen Kontinent erforschen und neue Wesen bekriegen. Das klingt nach einer harmlosen Kinderei. Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, ist anderer Meinung. Er sagte in der vergangenen Woche vor Journalisten in Berlin, »World of Warcraft« führe die Spieler in die Abhängigkeit. »Eine Gesellschaft, die solche Spiele zulässt, ist krank«, wetterte Pfeiffer weiter. Zwar ist das Spiel so aufgebaut, dass derjenige am erfolgreichsten ist, der die längste Zeit vor dem Rechner verbringt. Doch scheint Pfeiffer entgangen zu sein, dass Eltern die Möglichkeit haben, die tägliche Spielzeit ihrer Kinder in der Software festzulegen. Gefallen dürfte dem mahnenden Mann aus Niedersachsen, was die chinesische Regierung beschlossen hat: Sie hat die tägliche Spielzeit gesetzlich auf drei Stunden begrenzt. (mst)

In Nomine Patris

Katholische Kirche. Seit Jahrzehnten verlieren die christlichen Kirchen in Europa Mitglieder. Eine ganz besondere Gegenmaßnahme kündigt sich nun in der katholischen Kirche an. Die Traditionalisten kämpfen dafür, dass die Gottesdienste wieder nach der Art der »tridentinischen Messe« erfolgen. Der Ritus stammt aus dem 16. Jahrhundert und wird auf Lateinisch abgehalten. Er war 1970 abgeschafft worden. Seitdem wurde in der jeweiligen Landessprache gebetet. Nun zirkuliert in den höchsten katholischen Kreisen ein »Manifest zur Wiederzulassung der überlieferten Messe«. Papst Benedikt XVI. hat bereits im Dezember beschlossen, dass jeder Pfaffe die lateinische Messe halten dürfe, wenn er wolle. Vielleicht ist die Idee gar nicht so schlecht. Die »tridentinische Messe« verfügt mit der schillernden Dekoration nicht nur über einen großen Showfaktor. Wenn die meisten Leute nicht mehr verstehen, welch unglaublicher Humbug ihnen erzählt wird, laufen sie auch nicht mehr davon. Na ja, wer’s glaubt. (mst)

Schluss mit den Verschwörungen

Nachruf. Anfang Januar schrieb er noch in seinem Weblog: »Bitte entschuldigen Sie meine Leichtfertigkeit. Aber ich sehe keine Möglichkeit, den Tod ernst zu nehmen.« In der vorvergangenen Woche ist Robert Anton Wilson gestorben. Zusammen mit Robert Shea schrieb er zwischen 1969 und 1971 die Romantrilogie »Illuminatus«. Die drei Bücher, in denen die Autoren auf satirische Weise die Hippie-Bewegung, Verschwörungstheorien, die sexuelle Revolution, New Age und Bewusstseinsexperimente vermengten, wurden erst Ende der siebziger Jahre in größerem Maß bekannt. Heute muss man wohl sagen, dass »Illuminatus« die Verschwörungstheorien zu einem Teil der Popkultur gemacht hat. Zu vermerken gilt jedoch, dass die Trilogie vor allem von deutschen Hackern und Ökospinnern für bare Münze genommen wurde. Dabei ging es Wilson hauptsächlich darum, die Verschwörungstheorien und ihre Anhänger der Lächerlichkeit preiszugeben. Und wahrscheinlich würde er sich vor Lachen auf die Schenkel klopfen, wenn irgendwelche Verschwörungstheoretiker so lange die Zahlen seines Todestags addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren, bis irgendwann die Zahl 23 herauskommt. (mst)

Maria kehrt zurück

Metropolis. Merchandising zahlt sich aus. Deshalb gibt es T-Shirts, Kaffeetassen, Poster, Pappaufsteller oder Radiergummis, auf denen alle erdenklichen Filmfiguren abgebildet sind. Das Plakat zu Fritz Langs Film »Metropolis« hat sich bisher sicher gut verkauft. Eine Hamburger Firma sieht aber die Möglichkeit, mit Langs Klassiker noch mehr Geld zu verdienen. Zum 80. Jahrestag der Premiere von »Metropolis« hat das Unternehmen die lebensgroße Statue der Maschinenfrau »Maria« vorgestellt, die Interessierte für 3 000 Euro kaufen können. Die 2 000 hergestellten Exemplare sind aus Kunstharz und in den Farben Gold und Silber erhältlich. Man befürchte nicht, auf den Statuen sitzen zu bleiben, gab die Firma bekannt. Schließlich sei »Maria« eine »zeitlose Ikone der Popkultur«. Die Ideo­logie, die der Film vermittelt, scheint indes leider ebenso zeitlos zu sein. An der »Versöhnung« der Arbeiterschaft mit den Industriellen und Großbürgerlichen ist dem politischen Personal in Deutschland immer noch sehr gelegen. Doch wie sagte der Filmtheoretiker Siegfried Kracauer im Hinblick auf Langs Film: »Marias Forderung, dass das Herz zwischen Hand und Hirn vermitteln muss, könnte ohne weiteres von Goebbels stammen.« (mst)

Lasst es krachen!

Club Transmediale. Musikfestivals verfügen über abstoßende Züge. Entweder muss man durch den Schlamm stapfen oder Staub schlucken. Das Essen an den Frittenbuden schmeckt nicht sonderlich gut. Und man muss sich manchmal das Erbrochene von den Schuhen wischen, weil einem immer Sturzbetrunkene vor den Füßen herumkriechen. Doch es geht auch anders! Das Festival »Club Transmediale« findet in den beheizten Räumen der Maria am Ostbahnhof in Berlin statt. Die Mahlzeiten kann man zuhause einnehmen. Und um die unangenehm auffallenden Besoffenen kümmern sich die Türsteher. So kann sich der Besucher ganz dem Spaß an der Musik hingeben. Da sich das Festival nicht mehr nur elektronischen Klängen widmet, sondern Gewagtes und Abenteuerliches aus allen Richtungen präsentiert, ist für jeden und jede etwas dabei. Wer es elektronisch und frickelig mag, kann sich Venetian Snares oder Underground Resistance ansehen. Wer Schlagzeug, Gitarre und Geschrei mag, sollte Bolz’n oder Trencher nicht verpassen. Die Gefahr, sich einen Tinnitus einzuhandeln, besteht auf dem »Club Transmediale« aber ebenso wie auf den anderen Festivals. (mst)