Deutsches Haus

Am frühen Nachmittag des 23. Januar legte sich ein Insasse einer »Auffangzelle« des Abschiebegefängnisses in Berlin-Köpenick Schnürsenkel um den Hals und stellte sich auf die Querstreben eines Gitters. In dieser Lage fanden ihn Bedienstete der Einrichtung. Der herbeigerufene Arzt stellte leichte Rötungen am Hals fest und bescheinigte »weitere Verwahrfähigkeit«, wie es im Polizeibericht heißt. Der Mann war erst am gleichen Vormittag festgenommen worden. Er hatte zuvor einen »Haftbefehl zur Sicherung der Abschiebung« erhalten. Unbekannte beschmierten das Mahnmal für die während der Reichspogromnacht 1938 zerstörte Synagoge am Lindenufer in Berlin-Spandau. Polizeibeamte entdeckten das farbige Graffito bei einer Streifenfahrt am Abend des 21. Januar. Es sei kein politischer Inhalt zu erkennen gewesen. Das Mahnmal ist in der Vergangenheit bereits mehrfach mit rechtsextremistischen Symbolen und anderen Zeichen beschmiert worden. Erst im Dezember wurde ein großes Hakenkreuz entdeckt. Der NDR berichtete am 17. Januar, dass der Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Anklam (Mecklenburg-Vorpommern), Dirk Bierwerth, ein paar Tage zuvor eine Veranstaltung besucht habe, bei welcher der Holocaust geleugnet wurde und antisemitische Thesen verbreitet wurden. In der Anklamer Gaststätte »Manfreds Mittagstisch« wurde vor rund 40 Gästen auch Konrad Adenauer als Jude bezeichnet und behauptet, das Deutsche Reich bestehe noch immer. Auf Nachfrage von Journalisten des NDR habe der Beamte keinerlei Kritik geäußert, sondern die These vom Fortbestehen des Deutschen Reichs als »sehr interessant« bezeichnet. Nach der Sendung, deren Ausstrahlung Bierwerth zu verhindern versucht hatte, wurde der Beamte vorläufig vom Dienst suspendiert. Er beschwerte sich, er sei von den Journalisten »reingelegt« worden, denn er habe sich nur zum ersten Teil der Veranstaltung geäußert. Gastgeber an dem Abend war die Stralsunder Industry Consulting Group, die bereits wegen rechtsextremer Thesen aufgefallen ist. Gegen einen der Redner, Iwan Götz, ermittelt nach Informationen der Ostseezeitung die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung. Gegen Bierwerth wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ebenfalls ein Disziplinarverfahren erwartet ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts (LKA) Brandenburg. Der Beamte soll im November an einem Aufmarsch von Neonazis in Seelow teilgenommen haben. Eine Sprecherin der Behörde sagte, es werde bereits seit 8. Januar ermittelt. Zwei Staatsschützer hätten den Beamten des LKA bei dem Aufmarsch be­obach­tet. Er sei derzeit mit »Dienstgeschäften außerhalb des LKA« betraut, sagte eine Sprecherin des Landesinnenministeriums dem Tagesspiegel. Sie widersprach der Behauptung, der Beamte habe sich als Anhänger der NPD geoutet, bestätigte jedoch eine »Informationspanne« zwischen LKA und Innenministerium. Die Erkenntnisse über den Mitarbeiter waren nicht an das Ministerium weitergeleitet worden.

gs