Standort Denkmal

Die Frankfurter Universität will auf dem Gelände des ehemaligen Gebäudes der IG-Farben einen Ort des Gedenkens schaffen. Dabei geht es auch ums Prestige. von jesko bender

Spaziert man abends an den Gebäuden der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität im Frankfurter Westend vorbei, bietet sich einem bisweilen ein befremdlicher Anblick: Mal sind es monumentale Lichtinstallationen, mal Fackeln entlang der Zugänge, die das von Hans Poel­zig für die IG-Farben entworfene Gebäude in Szene setzen. Seitdem die Universität die Gebäude nutzt, werden sie regelmäßig an Banken und Unternehmen vermietet, die dort repräsentative Veranstaltungen abhalten und der martialischen Beleuchtung von Herrschaftsarchitektur offenbar viel abgewinnen können.

Während also das Erscheinungsbild der Universität zwischen alltäglichem Studentenleben und nationalsozialistischer Ästhetik wechselt, ist die Erinnerung an die Opfer des IG-Farben-Konzerns, der eine zentrale Rolle bei der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden spielte, nicht sichtbar. Sie ist bisher auf eine in den Boden eingelassene Gedenkplatte vor dem Haupteingang und eine Ausstellung im Inneren der Universität beschränkt.

In der vergangenen Woche stellte die Universität zusammen mit dem hessischen Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU), dem früheren Direktor des Frankfurter Museums für Moderne Kunst, Jean-Christophe Ammann, dem Repräsentanten der Claims Conference in Deutschland, Georg Heuberger, und Heiner Blum von der Offenbacher Hochschule für Gestaltung einen Entwurf für einen »Ort des Gedenkens und der Information Norbert Wollheim« vor. Norbert Wollheim hatte die IG-Farben im Jahr 1951 als erster Überlebender der Zwangsarbeit im konzerneigenen Konzentrationslager Buna-Monowitz erfolgreich auf Entschädigung verklagt und engagierte sich fortan für die Entschädigung der Zwangsarbeiter.

Der geplante Gedenkort besteht aus mehreren Elementen. In der Parkanlage vor der Universität sollen Fotos von Opfern der IG-Farben vor ihrer Deportation installiert werden; in einem am Rand des Geländes gelegenen ehemaligen Pförtnerhaus soll ein multimedial ausgestatteter Informations- und Gedenkpavillon eingerichtet werden. Zusätzlich sind ein historisches Forschungs­projekt und eine Dokumentation mit Interviews von Überlebenden vorgesehen.

Rudolf Steinberg, der Präsident der Universität, hob bei der Präsentation die in dem Konzept angelegte Verbindung von Kunst und Wissenschaft hervor. »Es gibt der Universität neue und wichtige internationale Forschungsimpulse und öffnet sie zugleich noch weiter für die Stadtgesellschaft«, sagte er. Davon, dass in dem Entwurf eine wichtige Forderung der Überlebenden übergangen wurde, war allerdings keine Rede.

Jahrelang haben Überlebende von Buna-Monowitz darauf gedrängt, dass an den Gebäuden ein sichtbarer Ort des Erinnerns geschaffen wird, und dies stets mit einem zentralen Anliegen verbunden. Im Frühjahr 2004 forderten sie in einer Petition, den Grüneburgplatz vor dem IG-Farben-Haus, der gleichzeitig die Postadresse der Universität ist, in Norbert-Wollheim-Platz umzubenennen. »Norbert Wollheim steht stellvertretend für die Opfer von Buna-Monowitz. Den Platz vor dem IG-Farben-Haus nach Norbert Wollheim zu benennen, wäre für uns Überlebende ein sichtbares Zeichen der Stadt Frankfurt am Main, der unvergänglichen Vergangenheit zu gedenken, der historischen Verantwortung gerecht zu werden«, heißt es in der Petition. Unterzeichnet wurde sie unter anderem vom Zentralrat der Juden in Deutschland, von Judith Butler, Elfriede Jelinek und Michel Friedman.

Dennoch heißt es von Seiten der Universität, dass mit dem jetzigen Entwurf das Andenken »an die Opfer von ›IG Auschwitz‹ bewahrt und zugleich stellvertretend für alle eine herausragende Persönlichkeit geehrt werden« solle.

Sollten die Entwürfe wie geplant realisiert werden, bleibt die Frage, ob zukünftig auch die Fotos der von der IG-Farben Ermordeten von flackerndem Fackellicht oder von Lichtsäulen beschienen werden.