Nachrichten

Beinprothese schlägt Sandale

Tarantino und Rodriguez. Heftig wird zurzeit debattiert: Ist der Film »300« eine ästhetisierte Gewaltfantasie, an der auch Leni Riefenstahl ihre Freude gehabt hätte? Oder handelt es sich bei dem Streifen um eine Parade gestählter Soldatenkörper, an der sich Män­ner, die sich nicht eingestehen wollen, dass sie auf Männer stehen, heim­lich im Kino ergötzen können? Nun ja, eigentlich ist »300« nur ein banaler, visuell aber überwältigend aufgemotzter Sandalenfilm. Wer auf einen Film gehofft hat, der »over the top« ist und die Möglichkeiten des Action-, Horror- und Splattergenres auf die Spitze treibt, der muss bis zum Juni bzw. Juli warten. Dann läuft nämlich zunächst »Death Proof« von Quentin Tarantino an, und kurze Zeit später folgt »Planet Terror« von Robert Rodriguez. In Tarantinos Streifen spielt Kurt Russell einen psychopathischen Stuntfahrer, der sich auf der mörderischen Jagd nach jungen Frauen mit den Falschen anlegt. In »Planet Terror« wird die Erde von Killer-Zombies angegriffen. Eine Motorrad-Gang, die von einer Frau angeführt wird, die ein Maschinengewehr als Beinprothese trägt, setzt sich zur Wehr. Und nun im Ernst: Eine schießende Beinprothese ist doch weitaus interessanter als eine Sandale. (mst)

Partners in Crime

BKA und Focus. Das Bundeskriminalamt (BKA) gibt sich große Mühe bei der Pressearbeit. Nach Angaben der ARD-Sendung »Panorama« sollen Beamte zwischen 2002 und 2004 Daten von Millionen Telefonaten von Journalisten erhoben und diese auch beschattet haben.

Ziel sei es gewesen, eine undichte Stelle im BKA zu identifizieren, über die Informationen an einen Redakteur des Magazins Focus gelangt seien. Der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, wies die Vorwürfe jedoch in der vergangenen Woche zurück. Auch der altbekannte »Privat­ermittler« Werner Mauss habe den Focus-Journalisten Josef Hufelschulte aus eigener Veranlassung bespitzelt. Dass korrupte Beamte Akten an Journalisten verkauft haben, gab Ziercke jedoch zu. Der Aufschrei in der Presse über die Einschränkung der journalistischen Freiheit war zu erwarten. Die Empörung trifft die Sache aber nicht richtig. In dem Kartell aus Beamten und Journalisten, die sich gegenseitig Geld und Informationen zugeschanzt haben, scheinen sich doch passende Partner gefunden zu haben. (mst)

Nicht reden, sondern spielen

Festival. Die Donau ist nicht wirklich blau. Schön ist sie auch nicht an allen Stellen. Und sie liefert sicher keinen Grund, um nach Österreich zu fahren. Ein Festival in der österreichischen Stadt Krems wäre aber durchaus eine Reise wert. Dort spielen in der Zeit vom 19. bis zum 30. April Throbbing Gristle, Gang of Four, Bonnie Prince Billy, Deerhoof, Sand, Nurse with Wound, Sunn O))) und etliche andere. Die Besucher des Donaufestivals können aus 105 Veranstaltungen an verschiedenen Orten in und um Krems auswählen. Umgehen sollte man aber die Diskussionsveranstaltungen. Denn wie es derzeit in Mode ist, haben auch die Macher des Donaufestivals einen theoretischen Überbau zusammengeschustert, dessen Kultur- und Kunstjargon nur schwer zu ertragen ist. Das Festival unter dem Motto »Unprotected Games« sei ein »simuliertes Match von Umwertung und anarchischer Freiheit« und eine »Plattform der Pop-Ikonoklasten, der skrupellosen Wilderer im Bambiland«. Nun ja, solange die Bands in diesem »Spiel mit der De- und Rekonstruktion von Mythen« noch dazu kommen, ihre Songs darzubieten, kann es einem dennoch recht sein. (mst)

Schöner kopieren

Musik im Internet. Wer dem illegalen Downloaden nachgeht, der hat in der vergangenen Woche nur müde gelächelt. Die Plattenfirma EMI wird ab Mai 2007 darauf verzichten, das Kopieren online erworbener Musikstücke einzuschränken. Darauf hat sich das Label mit dem Konzern Apple geeinigt, der auch die Musikstücke anderer Plattenfirmen über das Portal iTunes vertreibt. Bisher konnten gekaufte Songs nur einige Male auf CD gebrannt oder auf Abspielgeräte übertragen werden. Daneben werden die Stücke mit einer höheren Bitrate kodiert werden, nämlich mit 256 Kilobit pro Sekunde statt mit 128, und so besser klingen. Dafür sollen sie 30 Cent mehr kosten. Wie sich die Preise entwickeln werden, dürfte auch von dem Ausgang eines Kartellverfahrens abhängen, das eine EU-Kommission gegen die großen Musikunternehmen und iTunes in der vergangenen Woche eingeleitet hat. Die Kommission betrachtet es als unrechtmäßig, dass Songs in den verschiedenen Ländern der EU nicht dieselben Preise haben. Sollten die nationalen Vereinbarungen der Labels mit den Online-Vertrieben untersagt werden, dürften die Preise weiter fallen. Den in der Illegalität operierenden Musikliebhaber wird es nicht interessieren. Er sagt sich weiterhin: »Ein Song muss 360 Kilobit haben und umsonst sein!« Und das ist nach wie vor konkurrenzlos. (mst)

Neues vom Reliquienhandel

Papa-Mobil. Reliquien verfügen im Katholizismus über einen hohen Stellenwert. Es gibt drei Kategorien: Als Reliquien erster Klasse gelten die Körperteile von Heiligen. Zu den Reliquien zweiter Klasse gehören Gegenstände, die der Heilige zu seinen Lebzeiten berührt hat. In der dritten Klasse befinden sich Dinge, die die Reliquien erster Klasse berührt haben. Der VW Golf des ehemaligen Kardinals Josef Ratzinger und derzeitigen Papstes Benedikt XVI., das so genannte Papa-Mobil, wird zurzeit bereits zum zweiten Mal im Internet versteigert. Ein Online-Casino hat das Auto vor zwei Jahren von einem deutschen Zivildienstleistenden ersteigert. Da der Papst ja schon etwas älter ist und die höchsten Würdenträger der katholischen Kirche recht gute Aussichten haben, heilig gesprochen zu werden, könnte der Wagen irgendwann zur Reliquie zweiter Klasse werden. Reliquien können übrigens auch Wunder bewirken. Und wie gern läse man diese Schlagzeile: »Papst-Golf (115 PS) verhindert Klimakatas­trophe!« (mst)