Tausche Flüchtling gegen Flüchtling

Boat People werden von Australien und den USA auf ausländischem Territorium festgehalten. Nun wollen beide Länder Internierte austauschen. von olaf kleist, melbourne

Die australische Regierung nennt es »Pacific Solution«: Kleine Inselstaaten erhalten Entwicklungshilfe, wenn Australien auf ihrem Territorium Internierungslager für Flüchtlinge errichten darf. Den Boat People, vorwiegend Irakis und Afghanen, aber auch Iranern, Chinesen, Vietnamesen und andere Asiaten, die von Indonesien aus aufgebrochen sind, wird so der Zutritt zu australischem Territorium verwehrt. Über ihre Asylanträge kann deshalb unter noch restriktiveren Vorgaben entschieden werden, ohne juristische Prüfung. Australien übernahm dieses Verfahren im Jahr 2001 von den USA, die es in der Karibik schon länger praktizieren. Es sind vor allem Migranten aus Kuba und Haiti, die in Flüchtlingslagern auf Guantánamo interniert sind.

In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass die Regierungen Australiens und der USA nun internierte Flüchtlinge austauschen wollen. Das Abkommen wurde bereits unterzeichnet, vorgesehen ist zunächst der Austausch von 200 Flüchtlingen pro Jahr. 90 Boat People aus Burma und Sri Lanka, die derzeit auf der Insel Nauru festgehalten werden, sollen nach Guan­tánamo abgeschoben werden.

Die Opposition in Australien rätselt nun darüber, was die konservative Regierung unter John Howard damit bezweckt. Die offizielle Erklärung für die Prozedur ist, dass sie »Menschenschmuggler« abschrecke. So könnten die Flüchtlingshelfer ihren Kunden nicht mehr versprechen, dass sie tatsächlich nach Australien gelangen würden. Ob das Geschäftsleute beeindruckt, die Hunderte von Menschen in häufig seeuntauglichen Booten unterbringen, ist allerdings fraglich.

Wahrscheinlicher ist es, dass die Prozedur Flüchtlinge verunsichern soll, die auf Hilfe von Verwandten und Communities in Australien hoffen. Human Rights Watch kritisiert, dass Familien auseinandergerissen werden könnten. Zudem verstoße es gegen die UN-Flüchtlingskonventionen, wenn Menschen verschoben und getauscht würden. »Es geht nicht um einen Container mit Waschmaschinen, die wir nicht haben wollen«, kritisierte Pamela Curr, Sprecherin des Asylum Seeker Resource Centre in Melbourne. Die Grünen nannten das Abkommen schlicht »bizarr«.

Andere Kritiker vermuten, dass die USA und Australien durch den Austausch der Flüchtlinge versuchen, Probleme mit Kuba beziehungsweise Nauru zu bereinigen, die beide mit den Internierungslagern nicht glücklich sind. Doch ein Austausch ändert an der Gesamtzahl der Flüchtlinge nichts, und die Regierungen Australiens und der USA halten an der Strategie fest, Boat People von ihrem Territorium fernzuhalten.

Etwas paranoid erscheint die These, dass rassistische Homogenitätsphantasien das Motiv sind. Australische Rassisten fürchten vor allem asiatische Einwanderer, und die White Australian Policy, die nichtweiße Migranten vom Land fernhalten sollte, wurde erst in den siebziger Jahren aufgegeben. In den USA dagegen sind angelsächsisch-protestantische Konservative vor allem wegen katholischer Einwanderer aus Lateinamerika besorgt, Samuel Huntington widmete diesem Thema sein neuestes Buch »Who are we?« Demographische Trends können jedoch nicht durch den eher symbolischen Austausch von 200 Flüchtlingen verändert werden.

Neben dem erhofften Effekt, Flüchtlinge abzuschrecken, könnte das Motiv beider Regierungen sein, symbolisch Härte zu demons­trieren. Obwohl in den USA das Abkommen mit Australien heruntergespielt wird, könnte es sich um ein Zugeständnis von Präsident George W. Bush an innerparteiliche Kritiker handeln, die seine Migrationspolitik für zu liberal befinden. Und Australiens Premierminister John Howard, der Ende des Jahres vermutlich erneut zur Wahl antreten wird, hat bisher noch jeden Wahlkampf auf Kosten von Migranten geführt.