Cash from Chaos

In den USA wächst die Kritik am Vorgehen privater Sicherheitsfirmen im Irak. Doch für die Söldner gibt es keinen Ersatz. von william hiscott

»Blackwater kreierte und förderte eine Kultur der Gesetzlosigkeit unter seinen Mitarbeitern und ermunterte sie, im finanziellen Interesse der Firma auf Kosten unschuldiger Menschen zu agieren.« So steht es in einer am 11. Oktober ­einem Bundes­gericht vorgelegten Anklageschrift ­gegen die private Sicherheitsfirma aus dem US-Bundesstaat North Carolina. Eingereicht wurde sie von Verwandten der 17 irakischen Opfer einer Schießerei am 16. September in Bagdad.

Vorläufige Berichte der US-Armee und der ira­ki­schen Regierung scheinen die Behauptungen der Kläger zu bestätigen, dass die Mitarbeiter von Black­water bei einem Fluchtmanöver wild um sich schossen. Konzernsprecher dementieren dies energisch, doch der Druck aus dem US-Kongress und der Militärführung im Irak, die Tätigkeit privater Söldnerfirmen im Kriegsgebiet einzuschrän­ken, wächst.

Die US-Truppen, seit einigen Monaten offiziell einer Politik der Zurückhaltung folgend, betrach­ten die Unberechenbarkeit der Söldner immer mehr als Hindernis. Der Stadtkommandant von Bagdad, General Joseph Fil, sprach sogar öffentlich von der »Tragik« der Geschehnisse am 16. Sep­tember und bedauerte die von Blackwater verursachten »Rückschritte« beim ohnehin schwierigen Versöhnungsprozess.

Demokratische Politiker in Washington arbeiten unterdessen an einer strikten Regulierung der Sicherheitsfirmen im Irak und in Afghanistan. Hierbei sorgen sie sich wie das US-Militär wohl hauptsächlich um ihren Ruf. Für die Mehrheitspartei im Kongress, die die nötigen Stimmen für einen schnellen Truppenabzug nach wie vor nicht zusammenbekommt, dienen die Aktivitäten der privaten Sicherheitsfirmen im Irak als willkommenes Ersatzobjekt der Kritik.

Als Erik Prince, der Geschäftsführer von Blackwater, Anfang Oktober vor einem Senatsausschuss öffentlich aussagen musste, war er mit zornigen Abgeordneten konfrontiert. Auch der wichtigste Vertragspartner von Blackwater, das Außenministerium, wird von demokratischen Kongressabgeordneten heftig kritisiert. Nicht unerwähnt bleibt dabei, dass in der Chefetage dieser Firma republikanische Insider residieren, und dass die Republikaner von Wahlkampfspenden der Firma in den Jahren 2004 und 2006 profitiert haben.

Dennoch scheint der Einsatz privater Sicherheitsfirmen im Irak nicht gefährdet zu sein. Bis zu 50 000 bewaffnete Mitarbeiter solcher Firmen – schätzungsweise ein Drittel von ihnen sind irakische Auftragnehmer – arbeiten als Söldner, zumeist für US-Behörden. Mit insgesamt über 180 000 Vertragsarbeitern sind Privatunternehmen ohnehin längst zum inoffiziellen Hauptpartner der »Koalition der Willigen« im Irak geworden. Angesichts des Zustands der US-Armee, deren Stabschef General George Casey jüngst sagte, dass die Bodenstreitkräfte »aus dem Gleichgewicht« seien und nach dem Einsatz im Irak einer mindestens dreijährigen Kampfpause bedürften, sind die Söldnerfirmen mit ihren Mil­liardenverträgen wohl bis auf Weiteres nicht ersetzbar.

Im Oktober 2002 autorisierte der Kongress den sogenannten präventiven Angriff auf den Irak. Damals versprach Vizepräsident Dick Cheney ein kurzes »Kinderspiel«, das für die US-Steuerzahler dank künftiger Öleinnahmen sogar kostenneutral sein würde. Nun schließen sogar die führenden demokratischen Bewerber für das Prä­sidentenamt nicht mehr aus, dass die US-Armee noch bis 2013 im Irak stationiert sein könnte. Langfristige Schätzungen beziffern die Kosten und Folgekosten des Krieges auf mindestens 1,5 bis zwei Billionen Dollar für die nächsten 100 Jahre. Wenn man bedenkt, dass die letzte Bezieherin der Witwenrente eines Veteranen des Bürgerkriegs, der vor gut 140 Jahren zu Ende ging, erst 2001 verstorben ist, wird deutlich, dass Generationen von Amerikanern für den Irak-Krieg werden zahlen müssen.

Republikaner und Vertreter der Kriegsdienstleistungsindustrie betonen, dass der Krieg durch die Beteiligung von Privatfirmen billiger werde. Wenn Kloputzer oder Kartoffelschäler in den großen US-Basen nicht Soldaten, sondern bei Subunternehmen beschäftigte Vertragsarbeiter aus den Philippinen oder anderen Ländern seien, spare man viel Geld. Kritiker sehen das als Bestätigung der These Naomi Kleins über den Krisen­kapitalismus, in dem Naturkatastrophen, Kriege und andere Krisen die Profite der Unternehmen steigern.

So ist es nicht überraschend, dass die US-Regie­rung auch in den Tagen nach dem Hurrikan Katrina die Söldnertruppe von Blackwater in New Orleans einsetzte. Seitdem etabliert sich die Sicherheitsfirma auch innerhalb der USA und findet neue Arbeitsbereiche. Im September schlossen Blackwater und andere Konzerne einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium, der ihnen 15 Milliarden Dollar für die Beteiligung am weltweiten »Krieg gegen Drogen« einbringt. Ungeach­tet aller Kritik laufen die Geschäfte des börsennotierten Unternehmens der Paramilitärs mit den schwarzen Geländewagen gut.