Denkt sittlich!

Der letzte linke Student Von Jörg Sundermeier

Der letzte linke Student ist müde. So viel ist zu tun. So wenig geschafft. Hinter ihm: liegt nur ein bisschen Ebene. Vor ihm aber: liegt der berühmte Berg. Und dabei: ist er schon älter als 25. Mit 25 allerdings: sollte ein Mann schon einen Baum gepflanzt haben. Zudem: ein Kind gezeugt, ein Haus gebaut, ein Buch geschrieben und eine stabile Beziehung. Das alles: hat der letzte linke Student nicht. Wohl aber hat er: Pläne.

Doch: das Heute, das macht uns fertig. Das Heute erweist sich: als Feind des Gestern. Zum Gestern aber: müssen wir hin. Das Wort Gestern, das muss man an dieser Stelle wissen, bezeichnet (Saussure) nicht jene dunklen Jahre, in denen Nazis und Cowboys geherrscht haben. Es bezeichnet auch nicht: die Stalin-Zeit. Nein, Ges­tern ist die Epoche, die man mit Bebel, Marx, Engels und Bakunin als den Urkommunismus be­zeichnet. Damals, so weiß man, war der Mensch dem Menschen ein Freund. Damals: war niemand vom Kapital zerstört. Was heißt: man lieb­te und respektierte einander. Was zudem heißt: man stellte nicht alles infrage und machte nicht jede und jeden lächerlich. Vielmehr: im Urkommunismus ging es gesittet zu, weil die Sittlichkeit das innere Wollen eines jeden einzelnen Selbsts war.

Soweit hat sich der letzte linke Student das ge­dacht. Das ist gut, weil gut angelesen. Und somit: von der Geschichte geprüft. Anderenfalls: würde ja kein Linker mehr dran glauben. Im besonderen Notizbuch steht daher: »Wir müssen uns von den Patchworks lösen. Wir müssen wieder Familie machen und Werte. Sonst sind wir verloren.« Und, wer hätt’s gedacht, auch dies ist wahr. Und auch wir, wir, ja, wir hier, sollten uns mal ordentlich zusammenreißen und nicht nur so rumsuppen.