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Kolleginnen und Kollegen, die uns verlassen, werden hier leidenschaftlich vermisst, manchmal, neben den professionellen und menschlichen, auch aus ganz profanen und allzumenschlichen Gründen. Sei es, weil es zur Schlussproduktion kein Frühstück mehr gibt oder uns ständig der Zucker ausgeht. Auch das Wetten war früher besser organisiert. Zwar gibt es derzeit keine WM, aber Anlässe für Betriebswetten gäbe es genug. Wird Bayern Meister? Überlebt Sarkozy dieses Jahr als Präsident? Schwarz-grüne Koalition in Hamburg? Und last but not least: Wer macht das Rennen bei den Demokraten und wer bei den Republikanern, und wer wird am Ende der neue Präsident bzw. die neue Präsidentin der USA? Zaghafte Versuche, Wetten abzuschließen, wurden gestartet. Obama oder Clinton? Huckabee oder Giuliani? Oder am Ende doch Bloomberg? Es fehlt an einer organisatorischen Kraft, die Wettlisten und -regeln aufstellt, wirre aber leidenschaftlich ausgetüftelte Tabellen anfertigt, die Einsätze eintreibt. Auch Reaktionen wie »Du, mir ist das völlig egal«, sind natürlich nicht geeignet, das Wettfieber ausbrechen zu lassen. So wird das nichts mit der Jungle-Präsidenten-Wette.

Zumal es dabei ja auch keine 43 Millionen Euro zu gewinnen gibt wie beim Lotto neulich. Da waren noch so manche Kolleginnen und Kollegen ganz heiß, füllten zum ersten Mal in ihrem Leben Tippscheine aus und verplanten ihren Gewinn großzügig schon vor der Ziehung. In der Bild-Zeitung verfolgten wir in den Wochen danach, wie Petra (49) und Fritz (54) aus Nord­rhein-Westfalen unser Geld in Dubai verpulverten. Petra erwarb dort zum Beispiel ein Lacoste-T-Shirt für 140 Euro, was schon irre genug ist, durch ihre Äußerung »So ein T-Shirt habe ich mir noch nie gegönnt. Das hält ja auch lange« aber noch skandalöser wird. Achja, der Sozialneid: Böse, böse und gar nicht pc, aber manchmal eben doch eine schöne Beschäftigung an kalten Wintertagen.

Sie sehen, womit wir uns zuweilen so beschäftigen. Andre beschäftigen sich mit uns: Eine nationalkonservative, ultrarechte Wochenzeitung etwa beklagt, dass sich in einem Buch über sie, das von den SPD-Promis Ute Vogt und Stephan Braun herausgegeben wurde, Autoren finden, die auch in »linksextremen Publikationen« veröffentlichen würden, unter anderem in der Jungle World. Als »Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Linksextremisten« bezeichnet das die am äußersten rechten Rand agierende Zeitung, die selbst bis vor kurzem noch vom Verfassungsschutz aufgeführt wurde. Mit dem Fall haben sich inzwischen diverse Medien beschäftigt, womit das rechte Blatt das Ziel ihrer Empörung, nämlich Eigenwerbung, bereits erreicht haben dürfte.

Als Skandal des Jahres taugt diese »Geschichte« jedenfalls nicht, darauf wetten wir gerne.