Dollar bleibt Starbuck

Der Aufstieg des Euro scheint für viele Rea­lität zu sein. Doch die bescheidenen wirtschaftlichen Wachs­tumsraten sind weit davon entfernt, ihn zu einer Konkurrenz für den Dollar zu werden zu lassen. kommentar von anton landgraf

Sie ist schön, erfolgreich und ihrer Zeit voraus. Als über das brasilianische Topmodel Gisele Bünd­chen kürzlich kolportiert wurde, sie lasse sich künftig wegen des schwachen Dollars nur noch in Euro bezahlen, sahen viele darin den letz­ten Beweis für den unaufhaltbaren Niedergang der Weltwährung. Wenn selbst glamouröse Trendsetter den Greenback nicht mehr schätzen, dann hat er offensichtlich seine beste Zeit hinter sich.

Ist der Aufstieg des Euro also unvermeidbar? Tatsächlich repräsentiert die Einheitswährung mittlerweile einen enormen Binnenmarkt, der von Finnland bis nach Malta, von Neu-Kaledonien bis nach Slowenien reicht. Darüber hinaus ist er bereits Leitwährung in zahlreichen Staaten, die – noch – nicht zur Europäischen Union gehören; insgesamt nutzen 40 Nationen den Euro oder eine von ihm abhängige Währung.

Doch die schiere Größe allein reicht noch lange nicht aus, um den Dollar dauerhaft abzulösen. Zwar wurden in den vergangenen Jahren im Euro-Raum bescheidene Wachstumsraten erzielt, aber er ist noch weit davon entfernt, mit dem US-Binnenmarkt vergleichbare Steigerungen aufzuweisen oder mit dessen Kaufkraft gleichzuziehen.

Hinzu kommt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wohl kaum Interesse an einem anhaltend starken Euro haben kann. Eine dauerhafte Abwertung des Dollars schadet der europäischen Wirtschaft, denn die vermeintlichen Vorteile, die günstigeren Rohstoffpreise, können die Nachteile, die Verteuerung der Ausfuhren, nicht kompensieren. Nicht zuletzt ist die aktuelle Stärke des Euro keine eigene Leistung: Vor allem asiatische Notenbanken schichten zur Minimierung des Risikos einen Teil ihrer Dollar-Anlagen in Euro-Papiere um – ein entscheidender Faktor für die Aufwertung des Euro, den die EZB kaum beeinflussen kann.

Es ist also gut möglich, dass der Dollar etwas von seiner bisherigen Dominanz verliert, andere Währungsräume hingegen mehr an Einfluss gewinnen. Schon heute wird auf den Rohstoffbörsen auch in Euro, Yen oder Rupien gerechnet. Darin zeigt sich eine Differenzierung der weltweiten politischen und wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse.

Diese können sich jedoch auch schnell wieder ändern. Als Mitte der neunziger Jahre der Wechselkurs der damaligen D-Mark zum Dollar seinen Höchststand erreichte, riefen Boulevardzeitungen dazu auf, Care-Pakete an die in Deutschland stationierten US-Soldaten zu schicken: Mit ihren grünen Scheinen waren sie kaum noch in der Lage, die extrem gestiegenen Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Ein paar Jahre später, bei der Einführung des Euro, dachten viele, der wirtschaftliche Untergang der alten Welt sei nahe – der Euro würde schmelzen wie Schnee in der Son­ne. Wer will heute also eine sichere Prognose wagen?

Auf jeden Fall nicht Gisele Bündchen. Die Berichte, sie lasse sich nur noch in Euro bezahlen, hat sie vergangene Woche zurückgewiesen. Diese Geschichte sei eine Lüge, erklärte das brasilianische Model. »Ich arbeite mit vielen internationalen Unternehmen«, sagte Bündchen. »Ich verdiene Geld in verschiedenen Währungen. Das ist alles.«