One Man Show

Alles konzentriert sich auf die Demokraten und Republikaner, aber ein Unabhängiger könnte den ganzen Wahlkampf noch ordentlich durcheinander schütteln: Michael Bloomberg. kommentar von ivo bozic
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Wer immer von jenen schrägen Vögeln bei den Republikanern Präsidentschaftskandidat wird, für einen klassischen Wähler der Demokraten wird er kaum tragbar sein. Und dass die Demokraten vermutlich entweder eine Frau oder einen Schwarzen nominieren, wird bei Konservativen wohl auch auf wenig Begeisterung stoßen. Nur Mr. X hat das Potenzial, in beiden politischen Lagern Stimmen zu sammeln. Ob dieser Kasper aus der Kiste springt, ist allerdings noch offen, zurzeit feuert er die Spekulationen um seine Kandidatur genüsslich mit nebulösen Andeutungen an.

Die Rede ist von Michael Bloomberg, dem Bürgermeister der Stadt New York. Ein engagierter Hobbybürgermeister, der als Multimilliardär auf sein Gehalt verzichtet und nur symbolisch einen Dollar im Monat erhält. Er war in beiden Parteien Mitglied und ist aus beiden Parteien ausgetreten. Eigentlich sind seine Chancen, Präsident zu werden, schlecht. Denn »Bloomie«, wie ihn die New Yorker nennen, ist zwar in New York sehr beliebt, außerhalb der Stadt aber nur als Gründer des Fernsehkanals Bloomberg TV bekannt. Außerdem wurde seit 140 Jahren kein Parteiloser mehr Präsident der USA, auch waren alle Präsidenten bis auf Kennedy Protestanten, Bloomberg ist Jude. Geschieden ist er obendrein.

Bloomberg vertritt »linke« bzw. liberale Positionen bei Themen wie Abtreibungsrecht, Immigration und Homo-Ehe, engagiert sich in New York für Ökologie und Klimaschutz, Bildung und sozialen Wohnungsbau. Wirtschaftspolitisch ist er ein marktradikaler Liberaler, außenpolitisch hat er sich bisher kaum geäußert, er soll sich derzeit von Henry Kissinger beraten lassen.

Falls sich Bloomberg entscheiden sollte anzutreten, dann hat er auch Chancen. Er hat aufwändige Wähleranalysen in allen US-Bundesstaaten in Auftrag gegeben und kandidiert nur, wenn ein Erfolg möglich ist. Den Wahlkampf kann er locker und völlig unabhängig von der sonst üblichen Spendensammelei bei Lobbyvereinen aus der eigenen, 11,5 Milliarden Dollar prallen Tasche bezahlen. Am amerikanischen Wahlsystem wird oft und zurecht kritisiert, dass man viel Geld haben und Geld von Interessenverbänden eintreiben muss, um Präsident werden zu können. Das aber gilt bei Bloomberg nicht. Er ist so reich, dass er definitiv unabhängig ist. Ein Parteiloser als Präsident würde das faktische Zweiparteiensystem aufbrechen, ebenso die politische Polarisierung der Gesellschaft. Andereseits würde sein Sieg aber auch das Parteiensystem insgesamt in Frage stellen und die Personalisierung der Politik noch mehr vorantreiben, denn Bloomie steht nun mal nur für Bloomie.