Plakatieren leider erlaubt

Zur Hamburger Bürgerschaftswahl im ­Februar tritt die DVU an, nicht die NPD. So ist es im »Deutschland-Pakt« vereinbart worden. Im Wahlkampf droht die Stadt mit rechtsextremer Propaganda überhäuft zu werden. Von Andreas Speit

Nun ist es amtlich: Am 24. Februar tritt die Deutsche Volksunion (DVU) zur Bürgerschaftswahl in Hamburg an. Seit Wochen bemüht sich ihr Spit­zenkandidat Matthias Faust, solide und bürgerlich zu erscheinen. Überpünktlich kam der gelern­te Kaufmann mit Begleitung zur Veranstaltung des Landeswahlausschusses in der Katholischen Akademie. Vor der Tür protestierten 20 Demons­tranten am frühen Freitagvormittag gegen diese Kandidatur.

»Die Partei ist antisemitisch, rassistisch und geschichtsrevisionistisch«, sagte Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts. Beim Herrengraben 4 stand auf einem Transparent: »Kein Platz für Nazis. Nicht in den ParIamenten, nicht im Stadtteil, nicht im Betrieb.« Krebs kritisierte, dass einige Hamburger Medien die DVU als »Phantom­partei« ohne Mitglieder und finanzielle Mittel verharmlosten. »Die DVU ist mit Abstand die finanzkräftigste Partei der extremen Rechten«, betonte er. »Nach der Zulassung wird die Partei Hamburg mit einer braunen Propagandaflut über­schwemmen.« Und dies ist keine gewagte These, wenn man sich die Partei um ihren Vorsitzenden Gerhard Frey näher ansieht.

Bisher konnten die DVU-Plakate mit dem schwach­sinnigen Motto »Michel statt Moschee« noch nicht in den Straßen Hamburgs gesehen werden. Alleine auf der Internetseite der Hamburger DVU sind sie bisher zu betrachten. »Raus! Die Rote Kar­te für Polit-Bonzen« oder »Hartz-IV-Armut – Oben prassen, unten hungern«, so lauten die Parolen. Faust sagte: »In der heißen Phase beginnen wir voll mit dem Wahlkampf.« Ende Januar will die DVU mit der Plakatierung beginnen, denn »vorher ist Plakatieren ja verboten«, wie Faust einräumt. Dann will sie auch ihr Flugblatt »Unser Kurs – Faust für Hamburg« verteilen. 300 000 Exemplare seien gedruckt worden.

Das Vermögen der Hamburger DVU um den Landesvorsitzenden Günther Schlemmer soll bei zwei Millionen Euro liegen. Die rund 160 Parteimitglieder dürften die Wahlkampfkosten kaum aufbringen können. »Ohne Freys finanzielles Engagement wäre die DVU nicht handlungsfähig«, meint die Arbeitsgruppe »Finanzquellen der rechts­extremistischen Kreise«. Als Kreditgeber übt der vermögende Gerhard Frey auf die DVU den entscheidenden politischen Einfluss aus. In München, wo die DVU-Zentrale ihren Sitz hat, wurde auch die Kampagne für die Wahl in Hamburg geplant. Als Verantwortlicher für die Pressearbeit wurde Faust benannt. Er soll nach Informationen des Verfassungsschutzes gute Kontakte zu Christian Worch haben und galt als Vertrauter der früheren NPD-Landesvorsitzenden Anja Zysk.

Erste Schlagzeilen versuchte Faust mit Presseerklärungen zu machen. So wurde auf der Internet­seite gegen das »Skandal-Bündnis von SPD und DKP« agitiert, weil Mitglieder beider Parteien den »Hamburger Aufruf: Keine Stimme den Nazis« unterzeichnet hatten. Auch ein Rechtsstreit mit Eva Herman wurde wiedergegeben; diese hatte sich erfolglos gegen eine Solidaritätskundgebung der DVU gewehrt.

Schon vor etlichen Monaten soll Frey den DVU-Neuling Faust zum Chefpropagandisten in Hamburg erkoren haben. Diese Gutsherrenmanier kri­ti­sierte Faust früher selbst. »Die DVU ist für mich absolut nicht diskussionswürdig. Scheinbar besteht sie nur aus einem Herren Dr. Frey, der meist in einer dümmlichen (…) Weise in die Öffentlichkeit tritt«, schrieb er im Jahr 2005 in einem Beitrag im Forum der »Deutschen Partei«.

Im August vorigen Jahres beschloss der Bundesvorstand der Partei die Kandidatur in Hamburg. »Einstimmig«, wie die DVU betont. Im »Deutschland-Pakt« mit der NPD ist im Jahr 2005 vereinbart worden, dass die DVU zur Bür­ger­schafts­wahl 2008 in Hamburg antritt. Beim Wahlkampf scheint die NPD die DVU bisher nicht allzu sehr zu unterstützen. Ein NPD-Mitglied findet sich nicht unter den DVU-Kandidaten. »Auf der Landesliste ist kein NPD-Mitglied«, versichert Faust. Am 9. Dezember vergangenen Jahres bestimmte die DVU ihn zum Spitzenkandidaten. Platz zwei der Liste erhielt Günther Schlemmer. Zehn weitere Kandidaten treten zur Bürgerschaftswahl an. Bei der gleichzeitig stattfindenden Bezirkswahl wolle die DVU drei bis zehn Bewerber für einen Wahlbezirk antreten lassen, behauptet Faust und betont wieder: »Ohne Hilfe der NPD.«

Glaubt man Szenegerüchten, dann ist Faust nicht besonders beliebt. Einige stören offensichtlich seine schnellen Parteiwechsel. Bis vor kurzem gehörte er nämlich noch der NPD an. Im Jahr 2006 war er noch Landesbeauftragter der Repu­blikaner. Sehr bemüht betont er unterdessen, dass keine Streitereien mit der NPD bestünden. Auf den Wahlplakaten der DVU prangt rechts unten auch das Logo der NPD.

Ihre Wahlkämpfe führt die DVU bereits seit Jahren ohne großen Personalaufwand. Massenplakatierungen, Postwurfsendungen und Flugzeugbanner sind ihre Mittel, um die Gunst der Wähler zu gewinnen. Einiges deutet darauf hin, dass in Hamburg wieder viel Geld in den Wahlkampf gesteckt wird. Bei der Wahl im Jahr 2001 soll Frey mehr als zwei Millionen Euro investiert haben. Zum Vergleich: Die SPD soll 1,5 Millionen Euro und die CDU 800 000 Euro ausgegeben haben. Gerade in den Stadtstaaten bietet sich für die DVU so ein teurer Wahlkampf an. Hier kann mas­senhafte Werbung am besten wirken. Überdies dürfte die DVU auch wieder Datensätze aus den Melderegistern anfordern, um ihre Propaganda gezielt Jungwählern unter 25 Jahren und älteren Wählern ab 60 Jahren zukommen zu lassen. Wahl­spots für Radio und Fernsehen sind bereits produziert.

Besonders einfallsreich soll wohl der Reklame­spot »Tatort Hamburg – die DVU ermittelt« sein. Faust tritt selbst in dem Video auf, freundlich lächelnd und bieder wirkend. Am Hauptbahnhof stehend, warnt er vor dem Ausverkauf der Bahn und fordert »Arbeit statt Einwanderung«. Im Hin­tergrund ist – Achtung! – eine Moschee zu sehen.

Vor dem Landesfunkhaus des NDR beklagt der gelernte Kaufmann die Missachtung der Meinungsfreiheit, auf der Reeperbahn sorgen ihn die kriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, und vor dem Polizeirevier Davidwache fordert er, wer sich nicht den »herrschenden Sitten und Gesetzen« anpasse, müsse »raus«.