Viele Parteien, ­keine Alternative

Seit 150 Jahren dominieren Republikaner und Demokraten die nationale Politik. Auch die Linke ordnet sich in das Zweiparteiensystem ein. von jörn schulz

An politischer Vielfalt mangelt es in den USA nicht. Es gibt zahlreiche Parteien, u.a. eine Pot und eine Marihuana Party, die Prohibition Party (»Die Betrunkenen werden nicht das Reich Gottes erben«), die Pansexual Peace Party (»Vote for Pleasure«), mehrere linke Parteien sowie zahlreiche Organisationen der extremen Rechten bis hin zur American Nazi Party (»Download Adolf Hitler’s masterpiece ›Mein Kampf‹ here«).

Größere Bedeutung haben nur die linksliberale Green Party und die Libertarian Party, eine radikalliberale Gruppierung, bei deren Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur im Jahr 1988 Frank Zappa gegen Ron Paul unterlag, der nun für die Republikaner antreten möchte. Doch auch Grüne und Libertarians wissen, dass ihre Präsidentschaftskandidaten keine Chance haben. Unabhängige oder Mitglieder kleiner Parteien werden in lokale Ämter gewählt, die nationale Politik dagegen haben Republikaner und Demokraten seit 150 Jahren fest im Griff.

Im Jahr 1968 stellte die radikale Jugendbewegung der Yippies das Schwein Pigasus – ohne Vorwahlen – als Präsidentschaftskandidaten auf. Polizisten beschlagnahmten den Vierbeiner und wurden später verdächtigt, ihn verzehrt zu haben. Meist jedoch unterstützte die US-amerikanische Linke die Demokraten, jene Partei, in der auch Gewerkschaften, soziale Bewegungen und die Lobbygruppen von Minderheiten Einfluss haben. Dieser Wahlkampf ist keine Ausnahme. Von einem demokratischen Präsidenten bzw. einer Präsidentin wird erwartet, den Irak-Krieg zu beenden, die Sozialversicherung zu verbessern, sich den Forderungen der religiösen Rechten zu widersetzen und die Bürgerrechte zu stärken.

Die Favoriten Hillary Clinton und Barack Obama haben bereits angedeutet, dass der Rückzug aus dem Irak nicht so schnell erfolgen wird, wie viele Wähler hoffen. Der letzte bedeutende Sozialreformer unter den demokratischen Präsidenten war Lyndon B. Johnson (1963 bis 1969), die Pläne Clintons und Obamas für die Gesundheitsreform sind privatwirtschaftlich orientiert. Wenn sich bei den Republikanern ein Säkularist durchsetzt, John McCain oder Rudy Giuliani, hätten die Demokraten womöglich sogar die frommeren Kandidaten. Und es ist Ron Paul, der das Department of Homeland Security auflösen will, während Clinton die Überwachungsbehörde stärken will und Obama über das Thema schweigt.

Die linke Unterstützung für die Demokraten wäre nicht weiter schlimm, wenn sie die taktische Nebenaktivität einer starken außerparlamentarischen Bewegung wäre. Die Dominanz zweier Parteien, die ohne jedes Geschwätz vom »demokratischen Sozialismus« gleichermaßen fest zum Kapitalismus stehen, könnte auch die Illusionslosigkeit fördern, während eine vermeintliche Linke im Parlament soziale Kämpfe schwächen kann, da viele glauben, dass die Abgeordneten es schon richten werden.

Doch die Linke in den USA hat die zahlreichen Chancen, die George W. Bush ihr verschaffte, nicht nutzen können. Es dominiert eine »realpolitische« Haltung, für die symbolisch Michael Moore steht: populistisch, patriotisch und immer darauf bedacht, die Wahlchancen der Demokraten nicht durch die Propagierung emanzipatorischer Alternativen zu mindern.