Die Mauer ist weg

Platte Buch von jessica zeller

Dass Peter Frischmuth kein Berliner ist, sieht man fast auf den ersten Blick. Denn seine Fotografien des SO36 von 1982 und 2007 zeigen den staunenden Blick eines Westdeutschen, der sich Anfang der Achtziger in die »selbständige politische Einheit Westberlin« begab, genauer: nach Kreuzberg. Hier war alles anders als in der Provinz. Es gab Moscheen, Punks, Autonome, alternative Kinderbauernhöfe und Hausbesetzungen. Allgegenwärtig war bei Frischmuths erstem Besuch in der Stadt der »antifaschistische Schutzwall«.

Diese Mauer ist weg. Darin besteht ohne Zweifel der größte Unterschied zwischen den Aufnahmen, deren Perspektiven ganz nach dem beliebten Vorher-Nachher-Prinzip genau dieselben sind, zwischen denen jedoch 25 Jahre liegen. »Ich werde den Blick durch das Fenster der PanAm-Maschine im Landeanflug auf den Flughafen Tempelhof niemals vergessen. Unter mir ein helles Band aus grellem Scheinwerferlicht, das die Stadt zerschnitt«, schreibt der Fotograf in seinem Vorwort. Seine Kommentare mit der Kamera sind weniger pathetisch. Der Blick auf den Bauwagenplatz an der Lohmühle, Graffiti wie »Sie betreten den türkischen Sektor«, da wird man auch als Nicht-Patriot schnell etwas schwermütig. Kaum verwunderlich also, dass die Bilder nicht nur in gebundener Form in den Buchläden zu erwerben sind, sondern auch ins alternative Bezirksgedächtnis Einzug gehalten haben. Im Kreuzberg-Museum direkt am Kottbusser Tor kann man sie noch bis 9. März im Großformat bestaunen.

Peter Frischmuth/Kreuzberg Museum (Hg.): Berlin Kreuzberg SO36, Berlin Story Verlag, Berlin 2007, 128 S., 19,90 Euro