LeserInnenworld

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Jungle World, 11/08: »Wir sind wertlos!«

Armutszeugnis

Bereits die ersten zwei Sätze in Roger Behrens unsäglichem Artikel sollten einem jede weitere Lektüre vergällen. Erstens gibt es kein »ABC der Kritik der politischen Ökonomie«, höchstens für Marx-Adepten. Zweitens sei auch diesen eine gelegentliche Marx-Lektüre angeraten: Nach Marx schafft die Arbeit im Kapitalismus zwar einen Wert (genauer sollte man sagen: Dinge mit Wert), hat aber selbst keinen (im Gegensatz zur Arbeitskraft), also erst recht keinen Mehrwert. Die gegenteilige Vorstellung gehört ihm zufolge zum notwendig falschen Bewusstsein, das den Kapitalismus mystifiziert.

Es ist daher ein Armutszeugnis für eine Zeitung, sich für diese Vorstellung, um die es sich explizit in ihrem Titel­thema dreht, Schützenhilfe ausgerechnet von Marx zu holen.

Es verwundert nicht, wenn der Artikel so weitermacht, wie er angefangen hat: Ganz im Stil jedes guten deutschen Philosophen, der was auf sich hält – einschließlich Gadamer und Habermas –, wird als Kritik an den Parolen die Etymologie von Wörtern wie »Wert« und »Würde« bemüht, aus der angeblich Bedeutungsdimensionen hervorscheinen, die unterschlagen werden. Eine solche Methodologie scheut Bedeutungswandel wie der Teufel das Weihwasser. Vielleicht hilft Wittgenstein ja ein wenig auf die Sprünge, der von den meisten Ausdrücken sagt: »Die Bedeutung eines Ausdrucks ist sein Gebrauch in der Sprache«, und zwar in der aktuellen, nicht einer, die nur im Geiste deutscher »Denker« und ihren Epigonen fortlebt.

Terence High

Jungle World 10/08: Dossier

Steiner, Kant und die Schamanen

Hey, auch wenn es ja nun schon Reaktionen gab, muss ich mich doch nochmal äußern, denn konkret wurde keiner: Nicht nur, dass Steiner vollkommen verkürzt dargestellt wird, das kennt man ja. Ich bin kein Steinerianer und verstehe den Typ auch nicht, und, ehrlich gesagt, glaube ich, tut das auch keiner, erst recht nicht die Autoren. Aber seine Schriften zu behandeln, als wären sie top­aktuell und ahistorische Wahrheiten, ist, wie einem süd­amerika­nischen Schamanen vorzuwerfen, er hänge einer menschenverachtenden Religion an, oder Kant vorzuwerfen, er habe die Auswirkungen der Massenmedien nicht bedacht.

Wolfram