»Untraceable«, der erste Web-2.0-Serienkiller-Film

Klick zum Mord

»Untraceable« ist der erste Web 2.0-­Serienkillerfilm.

Das Kino weiß noch nicht allzu viel anzufangen mit dem Internet. Viel weiter als mit der Übernahme charakteristischer Web 2.0-Stilistik ist die Branche noch nicht. Als Beispiel sei hier der armselige Film »Cloverfield« genannt, dessen Wackelhandkamera-Optik an Youtube-Videos erinnern soll. Allerdings dauern Internetvideos meist nicht stundenlang, und vor allem: Sie kosten weniger und sind erheblich lustiger. Die »Cloverfield«-Ästhetik soll Authentizität garantieren, nach dem Motto: Wenn der Film im Kino aussieht wie illegal heruntergeladen, vielleicht gehen dann mehr Leute ins Kino als ins Internet? Das kann nicht funktionieren.
Das Publikum scheint nach wie vor nicht auf Filmschnipsel, sondern auf gut erzählte Geschichten zu stehen. Daher besteht die andere Strategie, das Internet in den Film zu integrieren, darin, klassische Genres zu übertragen.
Was beim Western sicher schwierig werden dürfte, ist jetzt immerhin fürs Serienkiller-­Geschäft gelungen. Der Film heißt »Untrace­able«, sein Hauptakteur schaltet eine Website, die Mordszenen bietet. Der Killer entführt schein­bar wahllos Menschen, die er dann vor der Webcam zu Tode foltert. Je mehr Zuschauer zusammenkommen, desto schneller arbeiten die Hinrichtungsapparate. Die Polizei warnt: Wer sich einklickt, macht sich strafbar. Einer Verfolgung dieses Bagatelldelikts widersetzt sich die User-Schar durch ihre schiere Zahl.
Nachdem am Anfang demonstriert wurde, wie schnell man einen jugendlichen Anbieter illegaler Musik-Downloads schnappen kann, wird erklärt, dass es hingegen in Sachen Mord kein Mittel gegen geschredderte IP-Adressen gibt. Insofern folgt die Erzählstrategie der Idee sauberes Netz.
Al-Qaida hat’s vorgemacht, der Westen ist böse, seine Scheißtechnik benutzt sie trotzdem. Auch das Motiv des jungen Killers in »Untraceable« ist zivilisationskritisch – wie der ganze Film, der Folgendes erahnen lässt: Entweder werden die behördlichen Befugnisse ausgeweitet. Besser wäre aber: Die Abschaffung des Internets plus Inhaftierung aller Jugendlichen.
Dann müsste ein Web-Killer wieder mit der Super-8-Kamera arbeiten. Das wäre zwar retro, aber eine Chance fürs Kino, wieder an einer eigenen Bildsprache zu arbeiten.

»Untraceable« (USA 2007). R: Gregory Hoblit. D: Diane Lane, Coline Hanks. Kinostart: 4. April