Kritisiert nicht!

Der letzte linke Student hat eine Meinung. Und seine Meinung ist: das geht nicht so weiter mit China. Denn: China ist ein kommunistisches Land. Aber: nicht alles, was in China passiert, ist gut. Beispielsweise: die Marktwirtschaft ist nicht gut. Beispielsweise auch: die Armut ist groß. Beispielsweise schließlich: und da gibt es viele andere Dinge.
Vor allem aber: ist China nicht gut zu Tibet. Die Tibeter wiederum: wollen keine Chinesen mehr sein. Nun hat aber Bebel geschrieben: Freiheit ist die Zärtlichkeit der Völker. Was heißt: Jedes Volk muss Freiheit haben. So auch: Tibet. Das einerseits. Andererseits: Tibet wird von einem Mönchsgott geleitet. Und ein Mönchs­gott: ist gegen die Aufklärung. Denn: ein Mönchs­gott ist Opium für das Volk.
Außerdem: »Wer China kritisiert, kritisiert auch eine fremde Rasse. Das aber ist unter allen Umständen rassistisch und zu geißeln.« So steht es bereits seit einigen Wochen im besonderen Notizbuch und so ist es auch wahr. Heute aber ergänzt der letzte linke Student: »Und man muss aufpassen, denn, wenn man China für sein brutales, aber eben doch gerechtfertigtes Vorgehen kritisiert, spricht man eben immer auch den Rassisten zu. Mit Rassisten darf man sich aber keinesfalls gemein machen. Daher ist Kritik an China für Linke unmöglich.« Der letzte linke Student schaut den Eintrag noch mal an. Und ja, es klingt vielleicht ein biss­chen rigoros. Aber: Entschlossenheit ist dort gut, wo Entschlossenheit vonnöten ist. Folglich: Kritik ist immer gut. Aber: Kritik muss nicht immer geäußert werden. Denn: manchmal sind die Zwänge der Kritik überlegen. Und auch wir sollten erst mal anfangen nachzudenken, bevor wir den Mund aufmachen!