Streik unter Tage

Russische Lohnabhängige sehen sich immer häufiger gezwungen, in den Streik zu treten. Am 26. März beendeten 107 von 123 Bergarbeitern im Schacht »Rotkäppchen« in der Stadt Severouralsk ihre Nachtschicht mit der Weigerung, das Bergwerk zu verlassen, bevor ihnen nicht eine Lohnerhöhung, inklusive aller vorgesehenen Prämienzahlungen, von derzeit im Schnitt etwa 500 auf knapp 700 Euro zugesichert wird. Zu ihren weiteren Forderungen gehören unter anderem die Aufhebung des Verbots gewerkschaftlicher Tätigkeit in den Pausen zwischen den Schichten und die Garantie, dass keine Repressionmaßnahmen gegen die Streikenden ergriffen werden.
Der Betreiber des Schachts »Rotkäppchen«, in dem das Aluminiumerz Bauxit abgebaut wird, ist das Unternehmen Sevuralboksitruda, das zu der russischen Aluminiumholding Rusal gehört. Die Betriebsleitung versuchte per Gerichtsbeschluss den Streik für unrechtmäßig erklären zu lassen. Außerdem denunzierte sie die Streikenden als potenzielle Terroristen und kündigte eine Klage wegen gewaltsamer Aneignung von Privateigentum an. Nach einem neuntägigen Streik lenkte die Betriebsleitung schließlich doch ein, denn eine Fortsetzung des Arbeitskampfs hätte zu spürbaren finanziellen Einbußen geführt.
Entgegen der in den russischen Medien verbreiteten Version erfuhr der Bergarbeiterstreik durch die lokale Bevölkerung rege Unterstützung. Es gab Solidaritätskundgebungen auf der Straße, und die Verladung von Rohstoffen für eines der Aluminiumwerke des Großkonzerns in der Region wurde verhindert. Der Schlichtungsausschuss soll nun darüber wachen, dass die Zugeständnisse der Betriebsleitung eingehalten werden. uw