Spiel im Strafraum Gottes
Was zunächst klingt wie ein Prestigeprojekt von IOC und Goethe-Institut, ist der Hartnäckigkeit einiger Filmstudenten und eines iranischen Regisseurs zu verdanken. Auf dem »Talent Campus« der Berlinale lernten sich 2005 Marlene Assmann und Ayat Najafi kennen und beschlossen ein gemeinsames Projekt. Die Idee war: Eine deutsch-iranische Frauenfußballpartie sollte organisiert und filmisch dokumentiert werden. Das Ergebnis kommt jetzt unter dem Titel »Football under cover« in die Kinos. Najafi und Marlenes Bruder David Assmann übernahmen die Regie, Marlene Assmann selbst, die beim BSV al-Dersimspor in Berlin-Kreuzberg als Verteidigerin spielt, fungiert als Erzählerin. Sie reist nach Teheran, um dort Unterstützung bei Iranol, dem mächtigen Sponsor des iranischen Fußballverbandes, einzuholen. Ölbosse, die mit dem Rücken zur Kamera sitzen, keine Drehgenehmigung im Auswärtigen Amt, dazu Marlenes Voiceover, in dem sie von geplatzten Visa und dem Desinteresse der Fifa erzählt: So viel, das wird schnell klar, gab es nicht zu dokumentieren in der Organisationsphase, in der das Spiel immer wieder verschoben werden musste.
Doch das eigentliche Interesse der Filmemacher gilt weder Bürokratie noch Politik. Sie liefern Porträts, stellen Susu vor, die ballsichere Mittelstürmerin von Dersimspor, die ihren Kreuzberger Kiez mit kindlicher Offenheit erobert. Oder die Iranerin Niloofar, die von David Beckham schwärmt und mit tief ins Gesicht gezogener Baseballmütze manchmal das Kopftuchgebot umgeht. Als das Spiel endlich stattfindet, wird sie von der Teilnahme ausgeschlossen – dass es mit ihrer Offenheit gegenüber dem Kamerateam zusammenhängt, kann nur vermutet werden. Wenn das Geschehen im Stadion gezeigt wird, hat der Film seine stärksten Momente. Die rund 1 000 Zuschauerinnen, die für Volksfeststimmung sorgen, werden über Lautsprecher ermahnt. Einige von ihnen protestieren dagegen mit Sprechchören. Spontan, wie die Filmemacher beteuern – ihnen selbst ist wie dem Vereinspräsidenten der Kreuzberger der Zutritt verboten, wenn die Frauen spielen. Einmal blickt die Kamera auf den Spielfeldrand, der gesäumt ist von den ganz in Schwarz gekleideten »Sittenwächterinnen«. Dieser Moment macht klar, warum Marjane Satrapi sie in »Persepolis« als amorphe Lindwürmer gezeichnet hat.
»Football under cover« (D 2008). Start: 24.April