Schweigen und arbeiten lassen

Eine »Grundsicherung gegen Arbeit« – wer möchte die nicht haben? Das klingt wie ein amtliches Zertifikat für das Recht zu faulenzen, so lange man möchte. Aber auch von »Bürgerarbeit« war die Rede, und damit könnte etwas Unangenehmes gemeint sein wie das Fegen des Dorfplatzes. Mit »Vermittlungs- und Aktivierungsstrategie« kommt man der Sache schon näher. Da fällt einem einiges zu ein: Arbeit, Arbeit, Arbeit. Sozial ist, was Arbeit schafft. Fordern statt Fördern. Und wer nicht kuscht, kriegt kein Hartz IV mehr.
Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), von dem man in der Regel erstens gar nichts hört und zweitens nichts Gescheites, hat sich an die Regel gehalten. Offiziell war es keineswegs er, sondern sein Ministerium, das sich nach einem Gutachten des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) für die »Grundsicherung gegen Arbeit« aussprach, was bedeutet, dass Empfänger von Hartz IV künftig 39 Stunden pro Woche arbeiten sollen. Anderenfalls werden die Bezüge gekürzt oder gestrichen. »Das IZA hat berechnet, dass dies einen Beschäftigungseffekt von bis zu 1,4 Millionen Arbeitsplätzen auslösen könnte«, hieß es auf Spiegel online, denn so sagt man das heutzutage.
Lange Zeit hat man dergleichen nicht mehr vernommen. Umso bemerkenswerter, dass zur Begründung nicht etwa nackte Sozialschmarotzer herangezogen wurden, die auf der Flucht vor den Bütteln der Fallmanager auf Balkonen erwischt wurden und behaupteten, dort zufällig hingeraten zu sein. Glos’ Staatssekretär Walther Otremba sagte: »Vollbeschäftigung in Deutschland ist nur möglich, wenn es auch gelingt, für die über zwei Millionen arbeitslosen Empfänger von Arbeitslosengeld II neue Arbeits­markt­chancen zu eröffnen.« Und das heißt wiederum, Vollbeschäf­tigung ist dann möglich, wenn alle Faulenzer einen Besen in die Hand nehmen oder etwas anderes Sinnfreies tun. Dann wird man sie aus der Statistik herausschummeln, und alle sind zufrieden.