LeserInnenworld

Jungle World 24/08: Aufstand der Tiere
A ist A, und B ist B
Glückwunsch, ihr habt es mal wieder geschafft. Ein Dossier, das jeglichen intellektuellen Maßstäben Hohn spricht, auf jeder seiner Seiten. Haben wir wieder viel gelernt: Wer darauf hinweist, dass bei der Sintflut laut biblischer Überlieferung auch Tiere und Kinder ertränkt wurden, bedient sich des antisemitischen Kindermord-Klischees. Wer »Tierrechte« sagt, ist ein Nazi, weil Nazis dieses Wort ja auch benutzt haben. Wer es legalisieren möchte, unheilbar Kranken dabei zu helfen, selbstbestimmt ihr eigenes Leben zu beenden, ist ipso facto für den »Mord an alten, kranken und behinderten Menschen«. Peter Singer hat zwar mit dem Thema an sich rein gar nichts zu tun, muss aber selbstverständlich auch abgewatscht werden, hat er sich doch schon lange als Lieblingsgegenstand der Triebabfuhr linker Pro-Life-Fundamentalisten etabliert. Was diesen zum naziesken Unmenschen qualifiziert, ist gerade seine Radikalisierung des Antirassismus, die ihn dazu führt, in der bloßen Zugehörigkeit zu einer biologischen Spezies keine moralisch relevante Tatsache zu sehen. Michael Schmidt-Salomon wird dann wieder Rassismus vorgeworfen, man weiß nicht recht warum, vermutlich genügt es, dass er offensichtlich ein böser Mensch ist. Das Zitat, das als »Beleg« dient, verleiht diesem Vorwurf jedenfalls nicht einmal bei böswilliger und ungründlicher Lektüre eine Anfangsplausibilität. Die intellektuelle Totalpleite ist komplett, wenn ausgerechnet der Zentralrat der Ex-Muslime als Schmidt-Salomon »widerlegendes« Beispiel für die diesem angeblich unbekannte Heterogenität der migrantischen Bevölkerung angeführt wird – Schmidt-Salomon war bekanntlich maßgeblich an der Gründung dieses Vereins beteiligt. Unnötig freilich, dadurch Bierls Behauptung zu widerlegen, Schmidt-Salomon betreibe die Islamisierung von türkischen Migranten, wird dieser Vorwurf doch gerade damit begründet, dass Schmidt-Salomon eben diese Islamisierung kritisiert. Aus A folgt nicht nicht-A, und ex contradictio quodlibet. oliver schott

Jungle World 22/08: Keine Schlossallee ohne Badstraße
Noch mehr unter der Matratze?
Winfried Rust behauptet, jeder Bundesbürger habe ein Geldvermögen von 58 000 Euro. Zufällig übersetze ich gerade einen Text, in dem behauptet wird, dass sich laut Postbank die Gesamtersparnisse der BRD auf 155 Milliarden belaufen. Das hört sich viel an, aber 58 000 mal 82 220 000 ist 4 768 760 000 000, was schon ganz viel Bares unter der Matratze wäre. Vielleicht geht es eine/r von euch ähnlich, und ihr könnt diese Frage klären, bevor alle Jungle-LeserInnen vollkommen absurde Sozialneid-Tiraden von sich geben bei der nächstbesten Gelegenheit. laura