Serie über Serien: »Scrubs«

Narkosen, Nekrosen und Neurosen

Serie über Serien. Marcus Garbrecht findet den Krankenhausalltag in »Scrubs« ziemlich amüsant

Eine Krankenhaus-Serie zu finden, bei der man nicht die ganze Zeit halbtote oder zumindest stark lädierte Menschen sieht, ist inzwischen mehr als schwierig. Zu stark ist wohl das Bedürfnis, Menschen zu zeigen, die an schon phantastisch wirkenden Krank­heiten leiden und kurz vorm Krepieren sind, nur damit sich der Zuschauer besser fühlt. Und wenn man sich so in den Fernsehkrankenhäusern umguckt, dann wird man das komische Ge­fühl nicht los, dass es dort gar nicht lustig ­zugehen kann. Denn alles, was man sieht, sind weiße Kittel, Blut und vor allem den andauernden Ausnahmezustand.
Genau das schien auch den Machern der ame­rikanischen Comedyserie »Srcubs – Die Anfänger« aufgefallen zu sein, die sich wohl dachten, das könnte man alles ja auch mal anders machen.
Bei der deutschen Erstausstrahlung 2003 war ich dann trotzdem sehr skeptisch. Doch die Befürchtung, dass Zach Braff als Jungarzt der neue George Clooney sein könnte, stellte sich schnell als völlig unbegründet heraus. Schlecht sieht Braff, der in »Scrubs« den Hauptcharakter J. D. spielt, zwar auch nicht aus, es wird aber nicht versucht, die Ärzte und Schwestern des »Sacred Heart Hospital« als junge Götter in Weiß zu inszenieren, wie man das von der »Schwarzwaldklinik« bis »Emergency Room« her kennt. So sind die meisten behandelten »Fälle« auch bei weitem nicht so spektakulär wie etwa bei einem Dr. House. Stattdessen wird der Mythos vom starken und souveränen Arzt immer wieder dekonstruiert. Bei »Scrubs« sind die Ärzte und Schwestern alles, nur nicht cool.
Vor allem die emotionalen Schwächen der Ärzte werden gerne gezeigt, Neurosen und Ängs­te stehen ganz oben auf dem Krankenblatt. Auch das amerikanische Krankensystem, in dem sich die Behandlung der Patienten nach deren Vermögen richtet, kommt nicht gut weg, die Ausbildungsbedingungen der Jungärzte ebenso wenig.
Die Serie spielt aus der Perspektive von J. D., von seinen Gedanken erfährt man, und seine zum Teil sehr schrillen Tagträumen sind zu sehen. In diesen regnet es Fontänen aus Blut, und die Sugar­hill Gang erklingt morgens auf J.D.’s Wecker. Doch um den Hauptdarsteller herum gibt es ­natürlich noch eine Vielzahl weite­rer Charaktere. Diese werden mal sehr real, mal sehr überzogen dargestellt. Emotional verkrüppelte Chefärzte beispielsweise oder Kollegen, die immer wieder vor den privaten Schutthaufen ihrer Leben stehen.
»Scrubs« gilt zu Recht als Comedy. So freuen sich J. D. und sein Mitbewohner Turk immer wieder, wenn sie es schaffen, jemanden mit Hilfe eines ausgestopften Hundes zu erschrecken. Doch vor allem die offensichtlichen Hommagen an das Fernsehen, lassen ­»Scrubs« überraschend komisch wirken, denn die Macher der Serie (Bill Lawrence und Randall Winston ) sind selbst große Fernseh-Fans. So finden sich Szenen aus »Star Wars« oder »Cheers« in den Traumsequen­zen J.D.’s wieder.
Nach anfänglichem Quotenhoch führte vor allem die Politik des amerikanischen Senders NBC dazu, dass es im Falle von »Scrubs« zu Sendeplatzverschiebungen und damit auch zu einer niedrigeren Zuschauerquote kam. Der Hauptdarsteller Zach Braff kam zudem noch irgendwann mit dem, wie er in einem Interview äußerte, oberflächlichen Gehabe in Hollywood nicht zurecht. Diese beiden Gründe führ­ten dazu, dass die aktuell im amerikanischen Fernsehen laufende siebente Staffel eigent­lich die letzte sein sollte. Doch inzwi­schen hat, ähnlich wie bei Matt Groenings »Futu­rama«, eine breite Fan­initiative dazu geführt, dass die Serie um zumindest eine achte Staffel verlängert wird.