Treffen europäischer Rechtsextremer auf Zypern

Der braune Sonnenaufgang

Griechische Neofaschisten versuchen, den Prozess der Versöhnung zwischen türkischen und griechischen Zyprioten zu stören. Sie werden von Rechtsextremen aus ganz Europa unterstützt. Die NPD und die italienische Forza Nuova wollen in diesem Sommer ein Treffen im griechischen Teil Zyperns veranstalten.

Auf dem Festland scheiterten die Neonazis: Vor drei Jahren wurde ein internationales »Zeltlager« namens »Eurofest 2005« verhindert, das rechtsextreme Organisationen in Griechenland abhalten wollten. Nach großen Protesten linker Gruppen untersagten die griechischen Behörden das Treffen der Neonazis. Doch diese versuchen es erneut: Im Oktober 2007 verkündeten Udo Voigt, der Vorsitzende der NPD, und Roberto Fiore, der Vorsitzende der italienischen Forza Nuova, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, im Sommer 2008 ein »Zeltlager« auf Zypern zu veranstalten. Die Rechtsextremen wollen gegen die »türkische Besatzung« und die »Zerstörung von Kirchen in Nordzypern« protestieren, die griechisch-zypriotischen Neofaschisten auf Zypern stärken und eine antitürkische Stimmung verbreiten.

Wann das Treffen genau stattfinden soll, ist bisher nicht bekannt. Die Rechtsextremen scheinen den Termin geheimzuhalten, aus Angst davor, dass die Linken sich frühzeitig auf Proteste zur Verhinderung des »Zeltlagers« vorbereiten könnten. Neben deutschen und italienischen Rechtsextremen sind auch Mitglieder der griechischen Gruppe »Goldener Sonnenaufgang« (GS) und griechisch-zypriotische Organisationen eingeladen.
Bereits seit 1980 geben Nikolaos Michaloliakos und einige Unterstützer in Griechenland die rechtsextreme Zeitschrift Goldener Sonnenaufgang heraus. In Zusammenarbeit mit ehemaligen Führungspersonen der von 1967 bis 1974 dauernden Militärdiktatur entstand eine gleichnamige Partei. Michaloliakos, ihr Vorsitzender, wurde zwei Mal wegen Bombenanschlägen auf Athener Kinos verurteilt, ihr Kassenwart und stellvertretender Vorsitzender Antonios Andritsopoulos, auch bekannt als »Periandros«, wurde wegen bewaffneten Raubüberfalls und eines Mordanschlags auf den linken Studenten Dimitris Kousouris im September 2006 zu 21 Jahren Haft verurteilt.
Ende 2005 stellte die Partei die politische Arbeit nach eigenen Angaben wegen antifaschistischer Angriffe ein. Dass sie in der parlamentarischen Politik erfolglos war, dürfte jedoch ein weitaus triftigerer Grund gewesen sein. Der GS trat 1994 und 1999 zu den europäischen Parlamentswahlen an, erreichte aber beide Male nur ein kümmerliches Ergebnis von unter einem Prozent. Michaloliakos rief die Parteimitglieder zu­dem auf, die »Patriotische Allianz« zu unterstützen. Diese stand dem GS stets nahe und gilt als seine politische Nachfolgeorganisation. Michaloliakos’ Partei ist aber nicht völlig untätig: Im Oktober 2006 veranstaltete sie eine Konferenz in Lemesos. Als prominenter Gastredner sprach Jean-Marie Le Pen, der Vorsitzende des französischen Front National.

Seit 2003 ist der GS auch auf Zypern umtriebig. Sein Einfluss auf griechisch-zypriotische Jugendliche steigt seit zwei Jahren. Dies äußert sich unter anderem in Gewalttaten. So verprügelten im Jahr 2006 Jugendliche an einer privaten Schule in Nikosia türkische Zyprioten, die seit der Öffnung der Grenzübergänge die Schule besuchten, und beschmierten die Wände des Gebäudes mit faschistischen Parolen. Nach den Präsidentschaftswahlen im Februar 2008 brüllten Vermummte und Bewaffnete vor dem Büro der konservativen Partei DISY nationalistische Slogans, attackierten unbeteiligte Passantinnen und Passanten und randalierten in Nikosia, Limassol und Larnaka. Eine weitere Attacke ereignete sich während der Studierendenwahlen im März 2008. Eine Gruppe vermummter Jugendlicher, die mit Brechstangen und Hacken bewaffnet waren, griff die Mitglieder linker Gruppen und andere Studenten an. Ein anderer Vorfall geschah während einer Demonstration für die Öffnung des innerstädtischen Überganges in der Hauptstadt Nikosia, Teilnehmer der Kundgebung wurden verprügelt.
Zwar herrscht unter den Linken angesichts dieser Serie von nationalistischen Gewaltausbrüchen weitgehend Ratlosigkeit. Doch schon 2004 hat sich die Gruppe »Youth against Nationalism« gegründet, die seither versucht, die zypriotische Öffentlichkeit auf den Rechtsextremismus unter Jugendlichen und in der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Das ist eine schwierige Aufgabe, da die öffentliche Diskussion meist die türkische Besatzung und die Teilung der Insel zum Thema hat und den gesellschaftlichen Problemen deshalb geringe Aufmerksamkeit zukommt.
Nachdem der linke Kandidat Dimitris Christofias die Präsidentschaftswahl 2008 gewonnen hat, besteht auf beiden Seiten der Insel die Hoffnung auf bessere Beziehungen. Schon kurz nach seinem Amtsantritt hat Christofias Gespräche mit der türkisch-zypriotischen Führung unter Mehmet Ali Talat aufgenommen, woraufhin der Grenz­übergang zwischen den beiden Teilen Zyperns in der alten Hauptstraße von Nikosia im April geöffnet wurde.
Schon in der Volksabstimmung im April 2004 sprach sich die Mehrheit der türkischen Bevölkerung für eine Vereinigung aus, wohl auch, da sie nach einem positiven Ausgang der Abstimmung eine Woche später zusammen mit dem griechischen Teil in die EU aufgenommen worden wäre. Die griechische Seite sah die damalige Version des Vertrages zur Vereinigung skeptisch. Daher scheiterte das Referendum. Zurzeit sieht es jedoch wieder günstiger dafür aus, die Teilung der Insel zu beenden. Dazu bedarf es allerdings der beiderseitigen Geduld für lange Verhandlungen.

Die derzeitige Annäherung führt jedoch auch zu einer verstärkten Propaganda der Rechtsextremen und Nationalisten. Sie versuchen, die zypriotische Gesellschaft aufzuwiegeln und zu spalten. Gemäßigte griechische und türkische Zyprioten wollen das gemeinsam verhindern. Am 10. Juni erschien die Stellungnahme eines Bündnisses von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Parteien und Jugendgruppen aus beiden Teilen der Insel, die zum Widerstand gegen die Neofaschisten auf Zypern aufrufen. Das Bündnis plant für die Zukunft Veranstaltungen und Festivals. Um sich gegen das geplante »Zeltlager« der Neonazis auszusprechen, muss man aber nicht einmal auf der Insel wohnen: Eine Petition an den griechisch-zypriotischen Präsidenten, das Treffen zu verbieten, kann man vom Computer aus unterzeichnen. Einfach eine Mail schicken an: antifa-zypern@web.de.