Was wir wollten, wie wir wohnen

Eigentlich ist das legendäre und mittlerweile 51jährige architektonische Vorzeigeprojekt Hansa-Viertel ein Vorläufer der heute so verhass­ten Quartiere, die aus hochkomfortablen Townhouses bestehen. Verhasst sind Townhouses in den besten Lagen natürlich nur bei denen, die sie sich nicht leisten können, aber das trifft im armen Berlin bekanntlich auf große Teile der Bevölkerung zu und ist das eigentliche Problem. Stichworte: Gentrifizierung der umliegenden Wohngegenden und Privatisierung des öffentlichen Raums. Mit den Bauten des Hansa-Viertels verbanden sich dagegen noch ge­sellschaftspolitische Entwürfe, die auf die Mas­sen zielten. Das Projekt hatte Modellcharakter. Was man wollte, was man wurde, reflektiert jetzt der Reader »Die Stadt von morgen« anhand wissenschaftlicher Beiträge zur Geschichte des Projekts sowie künstlerischer Arbeiten, die in der im Hansa-Viertel gelegenen Akdademie der Künste gezeigt wurden. Es geht in den Texten um Rollenkonstruktion und Familienideale, wie sie in der Architektur der Nachkriegsmoderne verhandelt wurden; um das Ost-West-Ver­hältnis und die Konkurrenz des Bauens hüben und drüben. Das Problem solcher Reader ist der gleichförmige kulturwissenschaftliche Ansatz, der sich gegen das eigentlich Lebensweltliche des Themas abdichtet. Aufschlussreiches über das in die Jahre gekommene Modellviertel findet sich in dem Buch dennoch.

Annette Maechtel/Kathrin Peters (Hg.): Die Stadt von morgen. Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2008, 29,80 Euro