Gespräch mit Antifa-Gaming über rechtsextreme Online-Computerspieler

»Neonazis bevorzugen Shooter«

Es gibt wohl kaum ein Online-Computerspiel, in dem man nicht auf diese äußerst unangenehmen Begleiterscheinungen stößt: Neonazis geben sich einschlägige Nicknames und Avatare und schließen sich zu Spielgruppen, so genannten Clans, zusammen. Rechtsextreme betreiben eigene Spieleserver. Spieler, die sich gegen rechtsextreme Parolen und Propaganda aussprechen, werden belästigt.

Die Gruppe Antifa-Gaming geht seit beinahe zwei Jahren gegen zockende Neonazis vor. Zusätzlich bietet sie unter anderem einen eigenen Gameserver und eigene Teams und Clans an. Thorsten Korn*, der Gründer von Antifa-Gaming, spricht über die Arbeit gegen die rechtsextremen Spieler.

Wann und vor allem warum seid ihr auf die Idee gekommen, euch in einer Gruppe zusammenzuschließen, die gegen computerspielende Neonazis vorgeht?

Der eigentliche Auslöser, Antifa-Gaming zu gründen, war für mich nicht so sehr die Präsenz von Rechtsextremen in Onlinespielen als ein Vorfall im Jahr 2006, bei dem Nazis einen Jugendlichen auf offener Straße überfielen und ihm mit einem Messer ein Hakenkreuz in die Brust ritzten.
Dieses Ereignis wurde in meinem damaligen Clan, also meiner Spielgruppe, besprochen, da die überfallene Person mit einem der Spieler befreundet war. Ich kam dann auf die Idee, dass man auch das Hobby »Zocken« mit dem Engagement gegen Rechts verbinden und auch in den Spielen ein Zeichen gegen Rechts setzen könnte. So entstand Antifa-Gaming.

Versucht ihr, die bekanntesten und beliebtesten Spiele zu überwachen, oder stoßt ihr eher zufällig auf einzelne Neonazis oder Gruppen?

Neonazis trifft man in jedem Spiel an, entweder als Einzelspieler oder in Gruppen. Sie fallen durch Äußerungen oder bestimme Nicknames auf, die oft mit rechten Codes versehen sind.
Neben den Neonazis im Spiel trifft man häufig auf Profile in bestimmten Gaming-Communitys oder Ligen. Fallen uns dort Rechtsextreme auf, die ihre menschenverachtende Meinung kundtun, melden wir sie bei den zuständigen Administratoren, die sie mit entsprechenden Strafen belegen oder gegebenenfalls ihr Profil sperren.
Wir versuchen auch, ein größtmögliches Angebot an eigenen Servern anzubieten, auf denen Neonazis sofort ausgeschlossen werden und man frei von rassistischen, sexistischen oder homophoben Kommentaren zocken kann.

Nutzen Neonazis die Spiele gezielt als Orte für Rekrutierungen, wie früher z.B. die Fußballstadien, und wird in Foren oder Clans Propaganda betrieben?

In den Spielen selbst wird selten rekrutiert, aber es gibt einzelne Neonazi-Clans, die es tun. Man verzichtet zwar dann mehr oder weniger auf politische Inhalte, um möglichst viele Leute für diesen Clan gewinnen zu können, bringt die Spieler aber durch Gespräche und Zusammenarbeit mit Nazi-Versandhändlern oder Naziseiten, wie die der »Jugend-Offensive«, trotzdem auf ihren Weg.

Werden Mitspieler, die sich als Antifas zu erkennen geben, belästigt?

Egal, ob in den Spielen selbst oder in den Gamingforen: Sobald Nazis auf Antifas aufmerksam werden, fangen sie an, diese mit Naziparolen und anderem Spam zu bombardieren oder zu beleidigen.

Verhalten sich Serveranbieter kooperativ, wenn sie von euch auf Neonazis in ihren Spielen aufmerksam gemacht werden?

Es gibt selten Gameserver, auf denen offen eine faschistische Meinung kundgetan wird. Meistens verschleiern die rechtsextremen Nutzer eines Servers ihre politische Orientierung hinter der germanischen Mythologie, d.h. sie benennen den Server lieber nach einem germanischen Gott, als mit neonazistischen Codes zu arbeiten. So fällt es uns schwerer, Anbietern zu erklären, dass sie da einen Server für Nazis hosten.
In den seltensten Fällen wird der Server vom Anbieter aus gekündigt, da dieser natürlich den Profit sieht. So löscht der Anbieter z.B. durchaus mal die Nazi-Musik, aber die Schuldigen kommen meistens mit einer Verwarnung davon.

Welche Möglichkeiten habt ihr, gegen Neonazis in Spielen vorzugehen?

Wie gesagt: Anbieter kündigen ihre Server in der Regel nicht, wenn sie mitbekommen, dass sich Nazis auf ihnen tummeln. Wir versuchen deshalb, nazifreie Gameserver zur Verfügung zu stellen, auf denen man auch mit Gleichgesinnten spielen kann.

In welchen Spielen treten Rechtsextreme bevorzugt in Erscheinung und warum?

Sie tauchen in allen Spielen auf. Neonazis bevorzugen aber Shooter, die im Zweiten Weltkrieg spielen und in denen sie sich mit den deutschen Soldaten identifizieren und sozusagen spielerisch für ihre Ideologie kämpfen können.

Konntet ihr denn schon Erfolge verzeichnen?

Wir sehen das ganze Projekt als einen großen Erfolg an, da wir schon nach nicht einmal zwei Jahren eine riesige Community mit knapp 600 Usern, unzähligen Antifateams und einem Angebot an Antifa-Gameservern aufbauen konnten.
Ein kleiner Rückschlag war nur der Hack der Webseite im Jahre 2007, der zum Glück nicht sehr verlustreich war, da wir wieder ein Backup aufspielen konnten.

Wenn sich Menschen nicht mit Neonazis in ihrem Lieblingsspiel abfinden wollen, welchen Rat könnt ihr ihnen geben?

Macht die Administratoren der Gameserver auf sie aufmerksam bzw. sperrt selbst den Neonazis den Zugang zu euren Servern, damit ihnen keine Plattform geboten wird! Zudem: Zeigt Flagge, damit die Nazis sehen, dass sie in den Spielen nichts verloren haben!
Nebenbei kann man auch bei dem Projekt »Clans gegen Rechts« mitmachen, das von Antifa-Gaming ins Leben gerufen wurde, oder direkt bei uns einsteigen.

Ist es möglich, euch über Neonazis in einem Spiel zu informieren und um Hilfe zu bitten?

Es gibt die Möglichkeit, über Naziclans an die Namen der Mitglieder zu kommen oder an die Adresse des Betreibers der Nazihomepage zu gelangen, da manche Rechtsextreme oftmals nicht viel Wert auf Anonymität legen. Diese Informationen kann man gegebenenfalls an örtliche Antifastrukturen weiterleiten.

Welche sind eure Lieblingsspiele?

Das beliebteste Spiel bei uns ist der bekannteste Taktikshooter »Counter-Strike«, der in verschiedenen Versionen gezockt wird. Aber es werden auch zahlreiche andere Spiele geschätzt, bei denen Wert auf die Teamarbeit gelegt wird.

*Name von der Redaktion geändert

www.antifa-gaming.de