Wellness mit Erdbeergeschmack

Wo, zur Hölle, ist eigentlich die gute alte Jog­hurt-Werbung hin? Also die, in der gut gelaunte Leute sich einen Becher Milchprodukt aus dem Kühlschrank holen, ohne vorher ein anderthalbminütiges Referat über Darmbakterien, Verdauungsprozesse, Verstopfung, Blähungen zu halten? Aus, vorbei. Joghurt-Essen ist kein Spaß mehr, sondern Wellness. Und Food-Wellness bedeutet, ein Nahrungsmittel um seiner Inhaltsstoffe willen zu sich zu nehmen und keineswegs, weil es schmeckt oder gerade da ist. Die ideelle Gesamtkonsumentin des Produkts sieht dementsprechend aus: Gut, aber nicht auffällig gekleidet geht sie ihrem Job nach, kümmert sich um die Familie, bis das Grauen plötzlich in den Alltag eindringt. Wie es genau beschaffen ist, dieses Grauen, erfährt man nur ansatzweise, Stichworte wie aufgeblähter Bauch und Verdauung müssen dem Zuschauer reichen. Für den Fall, dass der nicht genau versteht, dass die Protagonistin des Spots ein massives Problem hat, werden eine äußerst besorgte Freundin, das Gesicht der Leidenden in Großaufnahme oder Darmbakterien-Grafiken gezeigt, bevor endlich die Lösung präsentiert wird: Joghurt.
Im Bereich Trinkjoghurt-ähnlicher Produkte gibt es sogar noch eine Steigerung, nämlich die Schwäche, »eine Woche in einen Tag zu packen«. Diese erstaunliche Tages-Woche sieht dann so aus: »7.50 Uhr Arbeit, Mittagessen mit Freunden, Abendessen mit Kai, 23.30 Uhr wieder zu Hause.«
Warum die gestresste Frau nicht einfach bei Kai übernachtet oder weniger isst, wird leider nicht erklärt. Immerhin arbeitet sie ja genug, um sich kleine Fläschchen mit trinkbarem Dingens drin leisten zu können, was hoffen lässt.