Krise am Montag

Wenn es so etwas wie ein natürliches Umfeld für eine weltweite Finanzkrise gibt, dann kann dies eigentlich nur ein Nachrichtensender wie n-tv sein. Aber an diesem Montag ist man anscheinend nicht in der Lage, das ökonomische Großereignis auch nur ein kleines bisschen kom­petent oder wenigstens liebevoll zu präsentieren. »Des einen Freud ist des anderen Leid«, ver­kündet beispielsweise eine blonde Cornelia von der Börse Stuttgart, welche bislang nicht als Zentrum der Weltwirtschaft aufgefallen war, aber sei´s drum. Die Moderatorin im Studio hat derweil so ihre eigenen Probleme, denn »die Finanzkrise ist wahrlich nichts für schwache Ner­ven, jeder hat wahrscheinlich mittlerweile Angst vor seinem Geld«.
Die Angst vor möglicherweise bissigen oder vielleicht sogar giftigen Geldscheinen ist dem dicken Mann, der plötzlich im Bild steht, dagegen nicht anzumerken. An einem schwarz-rot-golden angemalten Pult stehend erzählt er den Zuschauern des Elitesenders noch einmal seinen auf der n-tv-Website bereits veröffentlichten Kommentar nach, in dem es grob um das geht, worum es schon den ganzen Tag geht: Verluste sind nicht gut, Gewinne sind besser. Tagesfüllend ist das nicht.
16 Uhr 50: Inzwischen ist der Handel an der Moskauer Börse aufgrund dramatischer Kursverluste zum zweiten Mal an diesem Tag ausgesetzt worden. n-tv, der Newssender, hat dafür jedoch keine Zeit. Unter Bezugnahme auf den Telekom-Datenskandal wird eine ältere Dokumentation über, hmm, was eigentlich genau?, gesendet. Irgendwie geht’s um Überwachung, hauptsächlich aber um implantierte Chips, die eines Tages dazu führen können, dass man seine Drinks in der Disko nicht mehr mit Bargeld bezahlen muss, sondern nur die Stelle mit dem unter die Haut gepflanzten Chip unter ein Lesegerät halten muss. Disko-Bilder bringen garantiert bessere Quoten als Angst vorm Geld.