Der deutsche Papst und die Rechtsextremisten

Dialogus interruptus

Um seine Kirche zu stärken, hofiert der Papst Rechtsextremisten.

Es hat eine Weile gedauert, bis die katholische Kirche bereit war, sich mit der Demokratie zu arrangieren. Noch 1953 predigte Pius XII.: »Was nicht der Wahrheit und dem Sittengesetz entspricht, hat objektiv kein Recht auf Dasein, ­Propaganda und Aktion.« Erst während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) konnte sich der Klerus dazu durchringen, Religionsfreiheit, Menschenrechte und Demokratie anzuerkennen. Benedikt XVI., damals Joseph Ratzinger, gehörte zu den Befürwortern der Konzilsbeschlüsse, meinte aber, nun sei es für die nächsten Jahrhunderte genug mit den Reformen.
Mit einem schlichten Dekret hat Benedikt XVI. allerdings eine weitere Neuerung vorgenommen. Es ist die Regel, dass Schismatiker nur nach einem vorherigen Widerruf rehabilitiert werden. Im Fall der Lebebvristen erfolgte die Aufhebung der Kirchenstrafen jedoch ohne Gegenleistung, sie haben nur zugesagt, über »die noch offenen Fragen« zu diskutieren. Katholischen Befürwortern einer Liberalisierung der Abtreibungsgesetze bringt der Papst die »väterlichen Empfindungen«, die ihn dem Vatikan zufolge milde gegen­über den Lefebvristen stimmten, nicht entgegen.
Benedikt XVI. betreibt eine Politik, die den Konzilsbeschlüssen nicht widerspricht, sie jedoch reaktionär auslegt. Unter anderem will er die katholische Heilslehre wieder offensiver vertreten, nicht nur gegenüber den Juden. Die Protestanten beschied der Papst, sie bildeten keine »Kirchen im eigentlichen Sinn«, dem Islam sprach er ab, eine Religion der Vernunft zu sein. Deshalb ist ihm die Versöhnung mit den Lefebvristen wichtiger als der Dialog mit den Juden.
Die Reintegration dieser rechtsextremen Sekte bedeutet auch, dass bekennende Feinde der ­Demokratie und Antisemiten ein hohes Kirchenamt ausüben dürfen. Benedikt XVI. ist vermutlich kein Antisemit. Die traditionelle Judenfeindschaft des Katholizismus ist nicht eliminatorisch, vielmehr bedarf sie der »uneinsichtigen« Juden als eines Gegenbilds zur Kirche. Doch seit die Kreuzzugspropaganda Christen zu Pogromen anstachelte, hat die Amtskirche den Judenmördern immer wieder Parolen, Rechtfertigungen und Symbole geliefert, selbst zahlreiche Anti­semiten hervorgebracht und sogar Andersgläubige beeinflusst. Die Islamisten bedienen sich einer christlichen Symbolik, wenn sie das Bild des Kinderblut saufenden Juden benutzen.
Da Benedikt XVI. auch gestattete, wieder für die Christianisierung der Juden zu beten, und sich energisch für die Seligsprechung Pius XII. einsetzt, der zum Holocaust schwieg, kann man nicht von einem einmaligen Fehltritt sprechen. Um den Katholizismus zu stärken, nimmt der Papst in Kauf, dass seine Kirche antisemitische Ressentiments fördert.